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08 März 2017 - Fastenbrief der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland 2017

Die Berlin-Deutsche Diözese > Aktuell > Fastenbrief der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland 2017

„Sie zogen aus und predigten, man solle Buße tun“ (Mk 6,12)

Liebe Brüder und Schwestern!

Die Große Fastenzeit ist gekommen – einer der wichtigsten Abschnitte im Kirchenjahr. Im Laufe einiger Wochen hat die Kirche uns auf diesen Moment vorbereitet, indem sie in Gebeten und Hymnen an die Notwendigkeit der geistlichen Reinigung, der Selbstdisziplin, der Geduld und der Standhaftigkeit bei der Überwindung der Versuchungen erinnerte. Heue, da wir am eigentlichen Beginn der heiligen Vierzig Tage stehen, bitten wir den allbarmherzigen und alles verzeihenden Gott, uns die Pforten der Buße zu eröffnen, die ja das Hauptziel der Großen Fastenzeit ist und letztendlich unseres ganzen Lebens.

Μετάνοια (metanoia) – so heißt Buße in griechischer Sprache, was in wörtlicher Übersetzung eine Umkehr im Denken bedeutet, eine existentielle Veränderung des Menschen. Das ist nicht nur einfach eine Anerkennung der begangenen Sünden, sondern eine radikale Veränderung der Beziehung zum Leben, eine unumkehrbare Veränderung, welche geschieht als Ergebnis einer mühsamen geistlichen Arbeit. Genau dies will der Herr, der nach den Worten des Apostels Petrus „Geduld mit uns hat und nicht will, dass irgendwelche verloren gehen, sondern dass sich alle zur Buße kehren“ (2 Petr 3,9).

Auf dem Weg durch die Große Fastenzeit lauern uns verschiedene Versuchungen auf. Eine der gefährlichsten davon ist die Selbstüberhöhung, die nicht selten im Herzen eines Menschen Platz findet wegen seiner übersteigerten Aufmerksamkeit für die äußerliche, formale Seite des Fastens und einer demonstrativen äußerlichen Religiosität. Von der Gefährlichkeit eines solchen Fastens schreibt der ehrwürdige Abba Dorotheos: „Wenn jemand fastet entweder aus Ruhmsucht oder indem er von sich denkt, er verrichtet vollendet eine Tugend, so fastet dieser nicht vernünftig, und wenn er deswegen beginnt, seinem Bruder Vorwürfe zu machen, sich selbst aber irgendwie für groß zu halten, so stellt sich heraus, dass er nicht nur, wenn er einen Stein gelegt hat, dafür aber zwei weggenommen hat, sondern sich sogar in der Gefahr befindet, die ganze Mauer dadurch einzureißen, dass er seinen Nächsten richtet“ (14. Belehrung des ehrw. Abba Dorotheos „Vor der Grundlegung und von der Vollendung des seelischen Hauses der Tugenden“).

Als Folgen eines solchen übertriebenen Fastens, das mit Stolz vermischt ist, erscheinen dann leichte Erregbarkeit, Bissigkeit und der Verlust des friedlichen Geistes. Im Endeffekt kommt ein solcher Mensch nicht nur dem geistlichen Ziel des Fastens nicht näher, sondern entfernt sich weiter davon.

Einen direkten Hinweis auf den geistlichen Schaden eines solchen heuchlerischen Fastens finden wir im Evangelium selbst: „Wenn ihr aber fastet, sehet nicht düster drein, wie die Heuchler; denn sie entstellen ihre Angesichter, auf dass sie vor den Menschen glänzen mit ihrem Fasten. Wahrlich, Ich sage euch, sie haben ihren Lohn erhalten. Wenn du aber fastest, salbe dein Haupt und wasche dein Angesicht, auf dass du nicht vor den Menschen scheinst mit deinem Fasten, sondern vor deinem Vater im Verborgenen; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird es dir öffentlich vergelten“ (Mt 6,16-18), sagt der Herr Jesus Christus.

Nur eine vernünftige Verbindung der körperlichen Enthaltsamkeit und des geistlichen Tuns, der äußerlichen und der innerlichen Erfüllung des Fastens sind fähig, unser Herz zu reinigen und uns zur Umkehr zu führen. Nur dann können wir zu einem neuen Leben „im Geiste“ (Röm 8,9) auferstehen und mit dem Psalmensänger David ausrufen: „Herr, du hast meine Seele aus der Unterwelt heraufgeführt und … mich ins Leben zurückgeführt“ (Ps 29,4).

Heute leben wir in einer nicht leichten Zeit. Jeden Tag hat die Welt mit neuen Herausforderungen zu kämpfen. Und jeden Tag werden uns Rezepte dafür angeboten, was man tun müsse, um die Welt zum Besseren zu verändern. Als Christen aber sollen wir verstehen, dass eine jede Veränderung zum Besseren damit beginnt, sich selbst zu verändern. Wenn wir, ein jeder an dem Ort, an den der Herr ihn gestellt hat, anfangen, uns zu verändern, dann ändert sich auch die Welt um uns herum. Alles dies steht in unseren Kräften, wenn wir es nur verstehen und in der bis zum Ende der Fasten verbleibenden Zeit versuchen, eine aktive Umkehr anzugehen und in uns selbst solche Veränderungen schaffen, die unsere Welt reiner und besser machen und sie Christus annähern, dem Ehre sei nun und in alle Ewigkeit! Amen (2 Petr 3,18).