06 Juli 2015 - Merkblatt für die erste Beichte
Beginnen Sie mit Reue und Beichte
Sie betreten eine Kirche. Dies ist ein besonderer Ort und, wenn Sie so wollen, eine andere Welt. Eine Welt, die Gott gewidmet ist: Wahrhaftes und Ewiges Leben. Hier ist der Eingang in das Schiff der Errettung, hier ist der Weg zu Gott. Dies ist ein ungewöhnlicher Weg, denn er beginnt in unserer Seele, in unserem Gewissen. Um auf diesen Weg zu kommen, muss man sich dazu bekennen, dass man von Gott abgefallen und vor Ihm schuldig geworden ist. Wie uns die Bibel bezeugt, entfernen uns von Gott einige unserer Taten, Worte, Gedanken – die sogenannten Sünden. Ausgangspunkt dieser Abwendung war der Ungehorsam der Ureltern des Menschengeschlechts – Adam und Eva. Ihr Ungehorsam – die Sünde, die Ursünde genannt wird, wird von allen Menschen geerbt und ist ursächlich für die Veranlagung eines jeden Menschen zum Begehen persönlicher Sünden, die ihn noch weiter vom Schöpfer abwenden.
Das Sich-Entfernen von Gott als Resultat der Sünden ist durchaus real und bemerkbar. Die Sünde zerstört vor allem die menschliche Persönlichkeit. Denn die Persönlichkeit jedes Menschen ist auf moralischen Gesetzen gegründet, „eingeschrieben ins Herz“ (Röm. 2, 15). Und in dem Masse, wie eine Persönlichkeit in das sündhafte Leben verstrickt ist, steigert sich auch das Ausmaß der Zerstörung dieser Persönlichkeit – was zur Folge hat, dass der Mensch die Kontrolle über sich verliert und Sklave seiner Leidenschaften wird, die oft widersinnig, beizeiten gar schändlich und verbrecherisch sind. Johannes Chrysostomos übertrieb keineswegs, als er sagte: „ein jeder Sünder ist wahnsinnig“ – denn was sonst ist die Ermordung des leiblichen Bruders aus Gründen der Missgunst, wenn nicht eine Wahnsinnstat? Und gibt sich ein fleischlichen Gelüsten Verfallener, der die reelle Gefahr einer HIV-Infektion oder einer anderen tödlichen Krankheit ignoriert, Rechenschaft darüber, was er da anstellt? Und wie verhält es sich mit einem Vielfraß, einem Alkoholiker, einem Drogenabhängigen – haben sie etwa nicht den Verstand verloren? „In der Tat kommt das Laster nicht von ungefähr“, sagte der Metropolit von Moskau, Platon, – „ein Faulenzer schwächt den Körper und bürdet ihm Krankheiten auf, ein Wollüstiger verunstaltet sich selbst mit den Spuren des Lasters und verkürzt seine Tage. Ein Habgieriger wird der Ruhe beraubt und trocknet die Lebenssäfte in seinem Inneren aus. Ein Jähzorniger erhitzt sein Blut und nimmt durch unmäßige Aufregung Schaden an seiner Gesundheit.“ Wie viel zerstörte Schicksale, zerbrochene Familien, verkrüppelte Kinder fielen der Sünde schon zum Opfer?…
Im Übrigen weiß wohl jeder von uns aus eigener bitterer Erfahrung Bescheid über die Folgen von Sünden. Dabei macht jede neue Sünde das Gewissen des Sünders immer weniger empfänglich, wodurch noch schwerwiegendere Sünden ermöglicht werden. Das Schlimme dabei ist, dass bei Eintritt des Todes die Macht der Sünde über den Menschen nicht endet, sondern auch im Jenseits weiterhin die unglückliche Seele quält. Darüber hinaus werden es eben diese Sünden sein, welche am Jüngsten Gericht, das die Geschichte unserer Welt abschließen wird, den Übergang in das kommende Zeitalter verwehren werden – „und es wird nicht hineingehen irgendein Gemeines und das da Greul tut und Lüge“ (Apokal. 21, 27). „Wisset ihr nicht, dass die Ungerechten werden das Reich Gottes nicht ererben? Lasset Euch nicht verführen! Weder die Hurer noch die Abgöttischen noch die Ehebrecher noch die Weichlinge noch die Knabenschänder noch die Diebe und die Geizigen noch die Trunkenbolde noch die Lästerer noch die Räuber werden das Reich Gottes ererben“, schrieb der Apostel Paulus (I Kor. 6, 9-10). Haben wir es nötig, den Weg der Sünde zu beschreiten? Haben wir doch durch die Gnade Gottes eine andere Möglichkeit – die Versöhnung mit dem Schöpfer.
Vergebung der Sünden
Man kann seinen spirituellen Zustand nicht verbessern, ohne sich von den Sünden gereinigt zu haben. Da nun aber die Sünden vom Wesen her unsere Schuld vor Gott darstellen, so kann auch nur Er uns von ihnen reinwaschen, und zwar durch Vergebung. Der Herr Jesus Christus, der zugleich vollkommen Gott und vollkommen Mensch war, hatte die Macht zur Vergebung der Sünden: „Auf dass ihr aber wisset, dass des Menschen Sohn Macht hat, auf Erden Sünden zu vergeben…“ (Luk. 5, 24). Diese Macht übergab Er der Kirche durch die Apostel, als Er ihnen nach Seiner Auferstehung erschienen war: „Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Gleichwie Mich der Vater gesandt hat, so sende Ich euch. Und da Er das gesagt hatte, blies Er sie an und spricht zu ihnen: Nehmet hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasset, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“ (Joh. 20, 21-23). In der Kirche sind es die Bischöfe und Priester, die als Nachfolger der Apostel die Macht besitzen, Sünden zu erlassen. Für diesen Dienst werden sie geweiht (und erhalten die Macht, Sünden zu erlassen) durch ein Gebet mit Auflegung der Hände anderer Bischöfe, welche ihrerseits Glieder jener über Jahrhunderte hinweg ununterbrochenen Kette der Handauflegung sind, die von den Aposteln und dem Herrn Jesus herrührt. Somit geschieht die Vergebung der Sünden in der Kirche nicht aufgrund eines besonders heiligmässigen oder von Gebet erfüllten Lebens des einen oder anderen Klerikers, sondern aufgrund der ihm von Gott gegebenen Macht.
Eine Voraussetzung für die Vergebung der Sünden in der Kirche ist das reumütige Sündenbekenntnis (die Beichte) vor Gott und der Kirche – in der Gestalt des Priesters. Durch das Gebet zur Erteilung, der Absolution, welches der Priester nach der Beichte spricht, vergibt Gott, welcher unsichtbar und mystisch der Beichte beiwohnt (daher auch die Bezeichnung Mysterium), dem Sünder bzw. der Sünderin. Reu, Sündenbekenntnis und Vergebung sind die grundlegenden Etappen des Mysteriums der Busse, in dem Gott die Seelen der Sünder heilt und in ihnen Seine Wirkung erneuert. Jedoch vollzieht sich diese Heilung nicht „automatisch“, also nicht gegen den Willen des Menschen, sondern durch dessen Mitwirken, die sich darin ausdrückt, dass er keine neuen schwerwiegenden Sünden begeht sowie sein ganzes Leben überdenkt und neu ausrichtet. Das erfordert Anstrengung, denn „… bis hierher leidet das Himmelreich Gewalt, und die Gewalt tun, die reißen es an sich.“ (Matt. 11, 12). Aber gibt es etwas Unmögliches, dass mit Hilfe Gottes nicht möglich wäre?
Fragen Sie ihr Gewissen
Nun sind Sie also bereit, ihre Seele im Mysterium der Busse zu reinigen. Sie sind erwachsen, wurden schon als Kind getauft und sind bisher noch nie zur Beichte gekommen. Alles scheint nun sehr einfach, – in die Kirche zur Beichte zu gehen und alle Sünden zu benennen, die unser Gewissen plagen. Doch gerade hier ergibt es sich, dass unser Gewissen gleichsam „tot“ ist, wenn es durch Todsünden „vergiftet“ ist. Wie seltsam es auch erscheinen mag, doch hinter dem Empfinden der eigenen Sündlosigkeit verbirgt sich allzu oft ein „schlafendes“ Gewissen als Folge einer nicht bereuten Todsünde. Und umgekehrt ermöglichte das „wachende“ Gewissen Heiliger, die Vielzahl eigener Sünden zu erkennen. So steht es auch beim Apostel Johannes: „Wo wir sagen, wir haben keine Sünde, so verführen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns.“ (I Joh. 1, 8). Deshalb ist es Notwendig, sich in erster Linie von Todsünden zu reinigen. Aber was sind das für Sünden.
Sünden
Todsünden
Die Bezeichnung stammt aus dem Alten Testament, wo die meisten solcher Sünden mit Tod oder Verbannung bestraft wurden. Im Neuen Testament findet sich der Ausdruck „Sünde zum Tode“ (I Joh. 5, 16) zwar wieder, doch sind diese mit keiner öffentlichen Strafe mehr belegt. Nichtsdestoweniger verändern einmal begangene Todsünden vollkommen den spirituellen Zustand des Menschen. Diesen Zustand nennen die Väter und Lehrer der Kirche dann auch „Tod der Seele“ und „Gottverlassenheit“.
Als Todsünden gelten, zuallererst, die bewusst begangene Widersetzung gegen Gott, Verleugnung Gottes oder des Glaubens, die Abkehr von der Orthodoxie hin zu anderen Religionen sowie bewusst ausgesprochene lästernde Worte gegen Gott, die Kirche, die Gottesgebärerin oder Heilige. Eine besonders schwere Sünde ist die Tötung von Menschen. Dies ist heutzutage beileibe keine seltene Sünde, da die Tötung von Kindern im Mutterleib – die Abtreibung, weit verbreitet ist. Es ist bei der Beichte unbedingt notwendig, die Zahl der vollführten Schwangerschaftsabbrüche zu nennen. An dieser Sünde beteiligen sich in der Regel auch Mittäter durch Anraten und die Beihilfe zur Sünde. Häufig sind dies Verwandte, enge Freundinnen oder der Vater des Kindes (wenn die Abtreibung mit ihrem Wissen und Einverständnis durchgeführt worden ist). Die moralische Position des Vaters spielt eine außerordentlich wichtige Rolle und kann häufig alles beeinflussen.
Es gibt aber auch passive Formen von Mord, z.B. in Form von unterlassener Hilfeleistung. Der Tötung eines Menschen kann auch ein grausames Wort oder eine andere Tat gleichkommen, welche eine Verletzung der Seele nach sich zieht.
Einer Todsünde nicht viel nach stehen Anwendung brutaler Gewalt, Schläge gegen andere Menschen, deren Verwundung, Verletzung und Verstümmelung. Eine ganze Reihe von Todsünden beziehen sich auf den sexuellen Bereich des menschlichen Lebens. Hierbei ist zu sagen, dass Gott, zum einen, – die ehrenvolle Ehe und, zum anderen, – das Leben in Keuschheit gesegnet hat. Da der Mensch nun mal kein Tier ist, können intime Beziehungen zwischen Mann und Frau lediglich ihre Vereinigung in einen Menschen vollenden. Als Anfang dieser Verbindung dient Gottes Segnung im Sakrament der Ehe (Trauung). Die Trauung ist unbedingt erforderlich, wenn Mitglieder der Kirche in den Stand der Ehe eingehen, ohne diese ist eine eheliche Beziehung bewusster Christen undenkbar. Eheliche Untreue nennt man in der Kirche Ehebruch, während intime außereheliche Beziehungen Hurerei genannt werden. Wenngleich beides Todsünden sind, so ist Ehebruch doch eine weitaus schwerere Sünde. Er fügt der Seele des anderen Ehepartners ein schweres Trauma zu und tötet in dem Sünder die Liebe ab, welche die Grundlage und das Ziel des durch Gott gesegneten ehelichen Bundes ist.
Die Ehe ist einer der „Grundbausteine“ der Gesellschaft. Die Eheschließung legt auf die Ehepartner moralische, juristische und wirtschaftliche Verantwortung vor der Gesellschaft, dem Partner und den künftigen Kindern auf. Historisch hat es sich ergeben, dass in einer Reihe von Staaten, z.B. in Deutschland und der GUS, kirchliche Trauungen vom Staat im juristischen Sinne nicht anerkannt sind. Die Gesetzgebung dieser Staaten sieht vor, dass vor der kirchlichen Trauung unbedingt eine Eheschließung im Standesamt vorangehen muss. Eine derartige standesamtliche Eheschließung ist nicht mehr als die Auferlegung von bürgerlichen Verpflichtungen, sie ist aber längst noch nicht die Segnung des Ehebundes durch Gott, wie sie im Mysterium der Trauung vollzogen wird.
Gesondert sollen die sodomitischen Sünden[1] betrachtet werden: verschiedene Formen des Homosexualismus und sexueller Perversionen. Dies sind schwere Sünden mit erheblichen spirituellen Nachwirkungen, so dass man für sie vorrangig Busse tun soll.
Schwer gesündigt haben auch jene, die in irgendeinem Verhältnis zum Verlust der Ehre und der Reinheit junger Leute (Kinder, Jugendlicher), zu deren physischer und sittlicher Schändung, standen. Hierzu gehören die Ausrichtung diverser Zusammenkünfte mit obszönen Darbietungen und verführerischen Unterhaltungen, von Zechgelagen mit Kuppelei u.Ä. All das wird als Teilnahme (oder Anteilnahme) an der moralischen Tötung seines Nächsten angesehen.
Zu den Todsünden werden auch die Verunglimpfung oder die Verfluchung der Eltern sowie jede Form der Handgreiflichkeit gegen sie gezählt.
Schon aus alttestamentlicher Zeit wird jegliche Beziehung zur Magie zu den Todsünden gerechnet. Hierzu zählen die Hinwendung zu allen möglichen Hexen, Wahrsagerinnen, Astrologen, Esoterikern, die Teilnahme an spiritistischen Sitzungen und an Riten neuer orientalischer Kulte, Theosophie, Anthroposophie und dergleichen.
Der heilige Dimitrij von Rostow zählt Sünden auf, „die zum Himmel schreien nach Vergeltung“. Neben absichtlicher Tötung eines Menschen sind dies seiner Meinung nach auch die Schädigung von Armen sowie die Verschmähung von Witwen und Waisen.
Weitere Sünden
Nun wollen wir uns jenen Sünden zuwenden, die, wie es den Anschein hat, keine so große Gefahr für das spirituelle Leben darstellen, wie die Todsünden. Doch alle zusammen genommen können sie, Sandkörnern gleich, sehr wohl das Gewissen und die Seele derart „zuschütten“, dass jegliches Leben in ihnen zum Stillstand und Erliegen kommt.
Sünden kann man, gewissermaßen, in drei Gruppen teilen, wenn man sie den Geboten, welche Gott Moses gab (Exod. 20, 2-17), gegenüberstellt.
Sünden gegen Gott
Als Übertretung des Gebots „Du sollst dir kein Bildnis … machen…“ (Exod. 20, 4) wird die übermäßige Affinität zu sich individuell verschieden manifestierenden Götzen und Idolen erachtet, denen wir zügellos frönen und durch welche wir Gott in uns verdrängen sowie unsere eigenen Identität verlieren. Als solche können, beispielsweise Musik, Tanz, Sport, Geld, Beruf, Nahrung, der Erwerb schöner Kleidung und Möbel, Sammlerleidenschaft, Glücksspiel, Menschen des anderen Geschlechts oder die eigenen Kinder auftreten.
Der Herr erließ noch im Alten Testament das Gebot, wonach wir sechs Tage in der Woche arbeiten und all unsere Werke verrichten sollen, den siebten Tag sowie große Festtage aber Gott zu widmen haben (Exod. 20, 8-10). Deshalb ist es sündhaft, wenn man sonntags (am Tag, der Gott gewidmet werden soll) oder zu großen Festtagen arbeitet oder alltäglichen Geschäften nachgeht. Diese Sünde ist jedoch verzeihlich, wenn diese Arbeiten bzw. Geschäfte unter Zwang oder notgedrungen verrichtet worden sind, – denn wir können nicht immer uns dem Einfluss anderer Leute, der bürgerlichen und arbeitsrechtlichen Gesetzgebung entziehen.
Eine Verletzung des Gebots „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen…“ (Exod. 20, 7) stellt auch die Erwähnung des Namens Gottes oder der Allheiligen Gottesmutter als Floskel bei alltäglichen Unterhaltungen mit dem Ziel dar, letzteren besonderen Ausdruck zu verleihen. Völlig unzulässig ist auch das ironische Zitieren verschiedener Stellen aus der Heiligen Schrift. Noch schlimmer ist es aber, den Namen Gottes im Scherz, im Zorn während eines Streits und zusammen mit verschiedenen Schimpfwörtern und Flüchen, zu gebrauchen, sowie Verflachungen aller Art auszusprechen.
Da nun aus ein und derselben Quelle nicht gleichzeitig Wohlgerüche und übelriechende Ausdünstungen herauskommen können, so gilt auch ein Gebet als überaus pietätlos, manchmal sogar als blasphemisch, wenn es dem Munde eines Menschen entstammt, der die Mächte des Bösen (den Teufel) erwähnt oder Schimpfwörter und obszöne Ausdrücke[2] verwendet. Bedauerlicherweise ist die Sprache vieler Leute heutzutage geprägt von derartiger Ausdrucksweise. All das muss ein für alle mal aus unserem Wortschatz verschwinden und darf unter keinerlei Umständen ausgesprochen werden.
Sünden gegen Gott sind zudem Verzagen, fehlendes Gottvertrauen und lästerndes Murren (wegen uns ereilender Leiden und Nöte) gegen Ihn.
Sünden gegen andere Menschen
Das Gebot „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren…“ (Exod. 20, 12) verpflichtet uns zu respektvollem Umgang mit unseren Eltern. Streitereien und Auseinandersetzungen jeglicher Art mit ihnen sowie das Versagen notwendiger Hilfe ihnen gegenüber sind demnach ernstliche Sünden.
Jeder Mensch hat die Pflicht, sich um seine Angehörigen zu kümmern, – zuvorderst um seine Eltern, Kinder und den Ehegatten. Leider sind es meist die Familienangehörigen, Verwandten, Freunde und Kollegen, die am häufigsten zum „Ziel“ unserer Unzulänglichkeiten, schlechter Laune und des durch die Sünden deformierten Charakters werden. Wir haben gesündigt, wenn wir es an Nächstenliebe fehlen ließen, wenn wir unseren Nächsten anstatt zu verzeihen, Böses mit Bösem vergolten haben, wenn wir zornig und erregt waren, ihnen widersprochen und nicht nachgegeben haben, mit ihnen gestritten und sie gekränkt haben, eine Beleidigung zugefügt und sie angefeindet haben, wenn wir uns ihnen gegenüber skandalös und dreist verhalten haben, wenn wir sie provoziert haben oder eifersüchtig waren, wenn wir ihnen Böses gewünscht haben; unsere Kinder schlecht erzogen haben und übermäßige Härte gegen sie walten gelassen haben. Wir haben ebenfalls gesündigt, wenn wir unsere Kinder außerhalb des christlichen Glaubens erzogen haben oder nicht genügend Aufmerksamkeit ihrem geistlichen Leben gewidmet haben, da wir sie damit verwundbar für die schwersten Versuchungen am Anfang ihres selbstständigen Lebens gemacht haben.
Gemäß den Geboten Gottes muss der Mensch stets die Wahrheit sagen, fremdes Eigentum und die Würde anderer respektieren, allen helfen und mit ihnen fühlen. Somit haben wir gesündigt, wenn wir:
– unsere Versprechen nicht eingelöst, Schulden nicht bezahlt, uns offen oder heimlich fremdes Eigentum angeeignet (dazu gehört auch staatliches öffentliches Eigentum) haben, erpresserisch vorgegangen und handgreiflich geworden sind, gestritten oder uns verfeindet haben, anderen Menschen Schaden zugefügt und faul bei der Arbeit waren, das Schaffen anderer nicht gewürdigt haben, betrogen und geheuchelt haben sowie Freundschaften nach dem Gesichtspunkt des finanziellen Nutzens eingegangen sind.
Ursprung allen Übels in uns ist der noch auf die Ursünde zurück reichende Leidenschaft, die man sündhaften Hochmut nennt, welcher seinerseits: Neid, Zuneigung zu Geld und Gegenständen, Geiz, Verachtung und Unbarmherzigkeit gegenüber Besitzlosen, Zorn, Rachegelüste, Angeberei, zur Schau gestellte Wohltätigkeit, Verurteilung von Menschen, Verbreitung von Gerüchten, eitles Gerede, Brutalität gegenüber anderen Menschen, Gleichgültigkeit gegenüber Kranken und anderen Hilfsbedürftigen, Grausamkeit gegenüber Tieren und anderen Lebewesen, hervorruft.
Sünden gegen sich selbst
Zu den „Sünden gegen sich selbst“ werden alle Tätigkeiten gerechnet, die der physischen oder geistigen Gesundheit der eigenen Person schaden: Zeitvertreib durch Nichtstun und Faulenzen (wenn man viel isst und schläft und sein geistiges Leben vernachlässigt), Schädigung der eigenen Gesundheit (z.B. durch Alkoholmissbrauch, Rauchen, Drogenkonsum); Selbstverderbnis – Onanieren, Anschauen unsittlicher Filme, Zeitschriften, Bilder mit Darstellungen von Gewalt, Brutalität, Pornographie, Singen schmutziger Lieder und Erzählen unanständiger Witze usw.
Vorbereitung zur Beichte
Die Vorbereitung zur Beichte ist der Beginn des Mysteriums der Busse. Es empfiehlt sich für die erste Beichte, dass Sie die vorangegangenen Seiten noch einmal durchlesen und sich die begangenen Sünden notieren. Besondere Aufmerksamkeit sollte auf die Todsünden gerichtet werden. Vieles wird zu einem späteren Zeitpunkt in das Gedächtnis zurückkehren, wenn die Todsünden erst mal gebeichtet worden sind. Diese Sünden sollte man sich auch aufschreiben, um sie nicht zu vergessen und um sie bei einer der nächsten Beichten zu sagen. Denken Sie an das, was uns andere Menschen für gewöhnlich zum Vorwurf machen, besonders die, die an unserer Seite leben, nämlich unsere Angehörigen. Sehr oft sind deren Beschuldigungen, Beanstandungen und ihr Tadel gerechtfertigt. Doch selbst wenn diese unberechtigt anmuten sollten, so sollte man diese mit Sanftmut und ohne Verärgerung hinnehmen und dann überlegen: vielleicht ist ja doch ein Körnchen Wahrheit darin enthalten?
Denken Sie daran! Nur genannte Sünden können erlassen werden.
Nur ein Bedauern der begangenen Sünden ist nicht ausreichend. Die Frucht einer tiefgründigen Reue ist die Besserung alles erdenklich Möglichem in seinem Leben. Es ist erforderlich, das Begehen von neuen schweren Sünden zu vermeiden und die Folgen der bereits begangenen „auszubügeln“. Vor der Beichte ist es unbedingt notwendig, all jene um Vergebung zu bitten, vor denen man sich schuldig fühlt. Sollten die eigenen Taten zu materiellen oder anderen Verlusten bei Mitmenschen geführt haben, so muss man versuchen, diese auszugleichen oder zu ersetzen. Dies ist eine wichtige Seite unserer Busse, die Johannes der Täufer als Darbringen „der Busse würdiger Früchte“ bezeichnete (Lk. 3, 8). Nur durch das „Darbringen der Früchte“ erkennen wir in vollem Umfang die Schwere der begangenen Sünden, die Tiefe unseres Falles und festigen die Entschiedenheit, ein neues Leben zu beginnen. Wenden Sie sich in ihren Gebeten an den Allgütigen, damit Er uns vergebe, uns die Möglichkeit gewähre, uns an unsere begangenen Sünden zu erinnern, diese zu bereuen und unsere Entschiedenheit festige, einen neuen Weg in unserem Leben zu beschreiten. Lesen Sie das Evangelium, – das Wort Gottes, welches an jeden von uns gerichtet ist. Einigen scheint es, dass es unmöglich sei, nach den Geboten des Evangeliums zu leben. Aber beginnen Sie nur damit! Ihre aufrichtigen Versuche werden von Ihm bemerkt werden und Seine Hilfe wird Ihnen schnell zuteil werden. Denken Sie daran! Gott ist nicht nur ein gerechter Richter, sondern auch ein gütiger Vater für alle, der allen die Errettung wünscht.
Viele derer, die früher noch nicht den christlichen Glauben angenommen hatten und außerhalb der Kirche standen, kommen zur ersten Beichte sich bereits im bürgerlichen Ehestand befindend. Wenn der andere Ehepartner auch ein Christ ist, und es von seiner Seite keine Einwände[3] gibt, dann ist, unabhängig vom Alter der Ehepartner, eine Besserung ihres Lebens die kirchliche Trauung.
Es gibt eine weitere Bedingung für die Vergebung unserer Sünden durch Gott: „Denn wenn ihr den Menschen ihre Vergebungen vergebt, so wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben.“ (Mt. 6, 14). Den uns Kränkenden zu vergeben, ist manchmal nicht einfach! Man sagt, „dem Herzen kann man nicht befehlen“. Aber Gott hat die Macht, unsere Herzen „zu ändern“. Dazu muss man für die uns Kränkenden beten, damit Gott uns alle zur Vernunft bringt, uns Busse, Frieden, Stille und Liebe schenkt. Denken Sie daran! Sie werden Gott dem Allwissenden ihre Verfehlungen bekennen. Er kennt all Ihre Lebensumstände – alles, was Ihre Schuld mindert oder vertieft.
Der Priester übt bei der Beichte nicht die Funktion des Richters aus, sondern die eines Zeugen.
Bei der Beichte müssen Sie alles in Kürze darlegen, wessen Sie sich schuldig gemacht haben. Vermeiden Sie hierbei jede Art von Selbstrechtfertigung (z.B. Berufung auf Dritte oder auf Begleitumstände, die Sie zu dem einen oder anderen Verstoß verleitet haben) und verwenden Sie keine Ausdrücke mit dem Ziel, Ihre Schuld mildern zu lassen. Es ist offensichtlich, dass man sich an vieles nur schwer erinnern kann. Dazu kommt das Schamgefühl, wenn man all das vor dem Priester bekennen muss. Doch die Beichte ist fürwahr ein Gericht, das wir über uns selbst halten, – ein Gericht vor dem Angesichte Gottes und der Menschen, – ein Gericht, das vom Wesen her unausweichlich ist, „denn es ist nichts verborgen, das nicht offenbar werde“ (Mark. 4, 23).
Denken Sie daran! Das Allerwichtigste jedoch, dass der Mensch mit zu diesem Gericht nehmen soll, ist sein Sündenbekenntnis aus reinem Herzen – aufrichtig und gewissenhaft.
Der Herr wird ein solches auch dann annehmen, wenn es nicht von einem starken Gefühl der Reue begleitet wird, das nur schwer Einzug halten kann in einem Herzen, welches „von der Flamme der Sünde verdorrt“ ist. Die Reue ist die Abstoßung der Sünde, die als Resultat der Tätigkeit unseres Gewissens und nicht ohne die wohltätige Hilfe Gottes erfolgt. War die Beichte aufrichtig, mit dem Wunsch und dem Versuch, sein Leben zu ändern, mit allen sich zu versöhnen sowie mit dem Gebet um die Hilfe Gottes, dann stellt sich das Gefühl der Reue schon während des Mysteriums oder aber im Anschluss an dieses ein.
Autor: Tsypin, Leonid, Erzpriester
[1] Dieser Todsünden „rühmten“ sich die Bewohner zweier antiker, von Gott dem Erdboden gleichgemachter Städte – Sodom und Gomorrha.
[2] „Kein faules Wort, aus eurem Mund, sondern nur eins, das gut ist zur notwendigen Erbauung, damit es den Hörenden Gnade gebe! Und betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, mit dem ihr versiegelt worden seid auf den Tag der Erlösung hin!“ (Eph. 4, 29-30)
[3] Hier gibt es verschiedene Situationen, in denen der andere Ehepartner nicht wünscht, in den kirchlichen Ehestand zu treten. Verzagen Sie nicht, beten Sie und beratschlagen Sie sich mit einem Priester! In der Regel gelingt es, im Laufe der Zeit alles zu regeln. Die bürgerliche Ehe, auch mit einem nichtgetauften Ehepartner, muss erhalten und geweiht werden. Denn auch in ihr gibt es die Liebe zum Ehepartner und Kinder! Ausführlicheres finden Sie dazu bei Apostel Paulus in 1 Kor. 7, 12-18. Besonders wichtig ist das Gebet der Kirche. Nützlich sind auch Gespräche beider Ehepartner mit dem Priester.