20 August 2024 - Am 8. Sonntag nach Pfingsten zelebrierte Erzbischof Tichon von Ruza die Göttliche Liturgie in der deutschsprachigen Gemeinde des Heiligen Märtyrers Christophorus in Mainz
Am 18. August 2024, dem 8. Sonntag nach Pfingsten, zelebrierte Erzbischof Tichon von Ruza, der Vorsteher der Diözese von Berlin und Deutschland, die Göttliche Liturgie in der deutschsprachigen Gemeinde des Heiligen Märtyrers Christophorus in Mainz.
Seiner Eminenz konzelebrierten der Pfarrer der Gemeinde, Priester Matthias Fröse, und Protodiakon Archil Chkhikvadze. Der Gottesdienst wurde in deutscher und kirchenslawischer Sprache gehalten.
In der Toten-Litanei wurde für den verstorbenen Erzpriester Johannes Nothaas (+ 14.10.2019) gebetet, der über viele Jahre die deutsche Gemeinde in Mainz geistlich betreut hat.
Am Ende der Liturgie wandte sich Erzbischof Tichon mit einem erzhirtlichen Wort an die Teilnehmer des Gottesdienstes:
„Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.
In den Tagen des Entschlafen-Fastens, das die Kirche zu unserer Vorbereitung auf das große Fest einrichtet und der Mutter Gottes, Ihrem heiligen Leben, Ihren Taten und Ihrem seligen Hinscheiden widmet, ist es an der Zeit, ein paar Worte über die Demut zu sagen, mit der neben anderen Tugenden die Allreine Jungfrau Maria geschmückt war. Die Welt hat kein Verständnis und will nicht wissen, was Demut ist. Sie versteht Demut als eine Schwäche, nicht aber als Ausdruck innerer Stärke. Da sich die Menschen immer weiter von Gott entfernen, entfernen sie sich auch vom Konzept des Guten und der moralischen Werte und lassen in sich das innere, vom Schöpfer gegebene Gesetz – die Stimme des Gewissens – verstummen.
Für einen Christen erweist sich die Demut als das Maß seines geistlichen Wachstums. Je höher ein Mensch im Geist ist, desto demütiger ist er, und umgekehrt, je demütiger er ist, desto höher. Alles Schlechte, alle Leidenschaften, alle dämonischen Intrigen, alle Sorgen und Leiden – alles wird durch Demut besiegt. Auf die Frage, was Demut ist und worin sie besteht, sagte Abba Isaiah: „Demut ist, sich selbst als sündiger als alle anderen Menschen zu verstehen, sich zu erniedrigen, so als ob man vor Gott nichts Gutes tut.“ Die heilige Niketas Stethatos sagt: „Demut besteht nicht in der Beugung des Halses, nicht in langen Haaren, nicht in ungepflegter Kleidung – worin manche das Wesen dieser Tugend sehen -, sondern in der Zerknirschung des Herzens über die Sünden und in der Demut des Geistes“. Abba Dorotheos sagt, dass „die Demut darin besteht, sich selbst als minderwertig gegenüber allen zu betrachten“.
Warum ist diese Tugend so wichtig, Brüder und Schwestern? Weil die Seele, wenn sie sich demütigt, die Frucht des Geistes bekommt. „In der Demut sind gleichsam alle anderen Tugenden enthalten“, sagt der selige Augustinus. „Sie ist das Fundament für das ganze Gebäude, ohne die eine jede Tugend überschattet wird und ihren Wert verliert, ja sogar gefährlich sein kann.“ Wenn ein Mensch, der gute Eigenschaften besitzt, dabei aber keine Demut hat, dann wird jede Tat, die er vollbringt, für ihn ein Grund zur Einbildung und zum Stolz und verliert daher ihren Wert und ihre Würde. Dann werden ihn weder Gebetsregeln, noch Verbeugungen, noch Fasten, noch das Lesen des Wortes Gottes näher zu Gott bringen, weil ihm das Wichtigste fehlt – die Demut.
Beachten wir, dass der Herr selbst uns aufruft, von Ihm Demut zu lernen; nicht das Fasten, nicht das Gebet, nicht einmal die Nächstenliebe, sondern die Demut, weil sie den Menschen geistlich mit dem Herrn verbindet, der Sich bis zur Erniedrigung, zur Folter und zum Kreuzestod erniedrigt hat. Es versteht sich von selbst, dass wir verpflichtet sind, alle Gebote mit allen Kräft zu erfüllen, aber ohne Demut sind sie entweder nutzlos oder gar schädlich. Deshalb gebietet Christus, indem Er sagt: „Wenn ihr alle Gebote erfüllt, dann haltet euch für Sklaven, die nichts wert sind, denn ihr habt nur das getan, wozu ihr verpflichtet wart“ (Lk 17,10).
So heilbringend ist für den Christen, Brüder und Schwestern, die Tugend der Demut. Wo die Demut ist, da sind auch ihre guten Früchte – Liebe, Frieden in der Seele und ewige Freude an Gott. Behalten wir die Worte der Heiligen Schrift in unserem Gedächtnis, dass „Gott den Stolzen widersteht, den Demütigen aber Gnade schenkt“ (Spr. 3,34) und lernen wir die Demut. Das Heil ist ein Geschenk Gottes an die Demütigen und die mit gebrochenem Herzen. Denken wir daran, dass der Herr die Mutter Gottes wegen Ihrer Demut erwählt hat. Beginnen wir unser Fasten zu Ehren und zum Ruhm der Mutter Gottes, bekleiden wir uns mit Einmütigkeit, seien wir enthaltsam, fern von jeder Sünde. und rechtfertigen wir uns durch Taten und nicht durch Worte. Amen.“
Am Vortag hatte Erzbischof Tichon die Stadt Meisenheim besucht und sich mit dem katholischen Pfarrer Hans-Jörg Eck getroffen, der den Erzbischof mit der Geschichte des Klosters und der zum Klosterkomplex gehörenden Kirche vertraut machte und Fragen von gemeinsamem Interesse erörterte.