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29 August 2024 - Der Vorsteher der Diözese von Berlin und Deutschland leitete die Gedenkveranstaltungen zum 10. Todestag von Erzbischof Longin (Talypin)

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Am 24. August 2024 leitete Erzbischof Tichon von Ruza, der Vorsteher der Diözese von Berlin und Deutschland, die Gedenkveranstaltungen zum 10. Todestag von Erzbischof Longin (Talypin).

Am Grab des verstorbenen Hierarchen auf dem Bonner Friedhof vollzog Erzbischof Tichon in Konzelebration von Erzbischof Grigorije von Düsseldorf-Berlin und Metropoliten von Deutschland (Serbische Orthodoxe Kirche) einen Toten-Gottesdienst.

Eine Reihe von Klerikern des Westlichen Dekanats nahmen an dem Requiem teil: Archimandrit Josif, Dekan des Westlichen Bezirks, Erzpriester Andreas Mammitzsch, Erzpriester Aleksij Rybakov, Erzpriester Peter Karpinsky, Erzpriester Viktor Alekseev, Priester Viktor Jakim, Priester Michail Cholmeckij, Priester Aleksij Veselov, Priester Andrej Mololkin, Diakon Sergij Konrad, Diakon Aleksandr Voronenko, Diakon Igor Wilimowski sowie Erzpriester Michail Rahr und Protodiakon Archil Chkhikvadze.

Im Anschluss an den Trauergottesdienst (Panichida) auf dem Friedhof fand ein Gedenkabend in der Bonner Hl. Helena-Kirche statt. Eröffnet wurde er von Erzbischof Tichon von Ruza, der das Leben und Wirken des verstorbenen Hierarchen mit diesen Worten würdigte:

„Eure Eminenzen und Hochwürden, sehr verehrter Herr Generalkonsul,

meine Damen und Herren, hochwürdige Väter, liebe Brüder und Schwestern!

„Ubi episcopus ibi ecclesia“ – wo der Bischof ist, da ist die Kirche. Diese Worte gehen auf den heiligen Cyprian von Karthago, der im 3. Jahrhundert gelebt hat, zurück, der an seinen Zeitgenossen Fulgentius geschrieben hat: „Du musst also wissen: Der Bischof ist in der Kirche und die Kirche im Bischof.“ Schon rund 100 Jahre zuvor hat der heilige Bischof und Martyrer Ignatios der Gottträger von Antiochia erklärt: „Wo immer der Bischof sich zeigt, da sei auch das Volk, so wie da, wo Jesus Christus ist, auch die Katholische Kirche ist.“

Es gibt Bischöfe, deren Dienst im Leben die tiefe Verbindung von Hirten und Herde aufweist. Zu deren Zahl gehört Erzbischof Longin (Talypin), dessen erzhirtlicher Mühen wir heute gedenken, da wir aus Anlass des zehnten Jahrestages seines Hinscheidens uns versammelt haben.

Jurij Talypin (im Mönchtum Longin) wurde am 17. Februar 1946 in Helsinki geboren. Seit 1969 diente er als Priester und dann als Vorsteher in der dortigen Patriarchalgemeinde zur Obhut der Gottesmutter. Er absolvierte das Leningrader Geistliche Seminar und die Akademie. Am 16. Dezember 1979 wurde er zum Dekan der Kirchen der Düsseldorfer Diözese des Mitteleuropäischen Exarchates des Moskauer Patriarchats ernannt und in den Rang eines Archimandriten erhoben. Man muss vermerken, dass dies eine Zeit schwerer Prüfungen für unsere Kirche war, die denjenigen Mut abverlangte, die sich entschlossen, ihr Leben dem Dienst an Gott und den Menschen zu widmen.

Am 11. Oktober 1981 wurde er zum Bischof von Düsseldorf geweiht, um so die Nachfolge des im April 1979 aus Altersgründen zurückgetretenen und am 26. Mai 1980 verstorbenen Erzbischof Aleksij (van der Mensbrugghe) anzutreten. Die Weihe von Bischof Longin war die erste Bischofsweihe in Düsseldorf; an ihr nahmen nicht nur Hierarchen der Russischen Orthodoxen Kirche mit Metropolit Filaret (Vachromeev) von Minsk und Belarus‘ an der Spitze teil, sondern auch zwei weitere Hierarchen, ein griechischer und ein serbischer, die ihre Kirchen in Deutschland vertraten.

Der neue Bischof war ein Mensch, der – wie mir Zeitzeugen erzählt haben – für die russische Orthodoxie in Westdeutschland für die nächsten Jahrzehnte prägend war. Er wurde zum Vater für alle, die sich ihm anvertrauten.

1981 gehörten zur Düsseldorfer Diözese nur vier kleine Gemeinden: in Düsseldorf selbst, Oberhausen, Köln und Neuss. Die Gläubigen setzten sich aus unterschiedlichen Personengruppen zusammen (wenigen Russischstämmigen, Orthodoxen anderer Nationalität, deutschen Konvertiten), was ein besonderes seelsorgliches Gespür und viel Feingefühl erforderte, wie es Bischof Longin aufbrachte. Dass dies so war, zeigt die Festigung dieser Gemeinden dank der Einführung der gottesdienstlichen Text- und Notenbücher in deutscher Sprache, die er zusammengestellt hatte.

Zugleich konnte er die Verbindung der westdeutschen Gemeinden mit der Mutterkirche stärken. Dies war möglich dank der von ihm initiierten Besuche von Hierarchen aus der UdSSR einerseits, durch Pilgerfahrten von Gläubigen aus Deutschland ins Russische Land andererseits. Die Rückkehr zum alten julianischen Kalender in Düsseldorf war ebenso ein Ausdruck der Verbindung zur geistlichen Heimat.

1989 zum Erzbischof erhoben, vertrat Erzbischof Longin die Russische Orthodoxe Kirche im Ökumenischen Rat der Kirchen und bei der Konferenz Europäischer Kirchen wie bei der Gründung der orthodoxen Gemeinde in Rejkjavik / Island. Von 1999 bis 2002 war er auch Vorsteher der Ständigen Delegation der ROK bei den Einrichtungen der Europäischen Union. Zudem war Vladyka Longin für einige Jahre Stellvertretender Vorsitzender der „Kommission der Orthodoxen Kirche in Deutschland – Verband der Diözesen (KOKiD)“.

Viele erinnern sich bis heute an die von ihm initiierten Ausstellungen, die dem Millennium der Taufe der Rus‘ gewidmet waren, wie auch darüber hinaus eine Reihe von Ikonenausstellungen, bei denen eine große Zahl von Nichtorthodoxen erstmals mit der Orthodoxie überhaupt und besonders der russischen in direkten Kontakt kamen.

Nach der Vereinigung von Ost- und Westdeutschland und mit der Neuordnung der russischen Diözesen in Deutschland 1992 wurde Erzbischof Longin Vikar des Hochheiligen Patriarchen mit dem Titel „von Klin“ und Vorsteher der nunmehr Stauropegialen Gemeinde zur Obhut der Allreinen Gottesgebärerin in Düsseldorf. Dies führte zu einer noch engeren Bindung unter der Herde, welche dynamisch anwuchs durch die Immigration aus Ländern der früheren UdSSR, wie der sogenannten „Spätaussiedler“, die nach Deutschland zurückkamen und unter denen es nicht wenige Orthodoxe gab. Väterlich sorgte sich Erzbischof Longin um die nach Černobyl‘ Leidenden.

In den schwierigen 1990er Jahren organisierte er eine breitgefächerte humanitäre Hilfe für die russischen Landsleute. Nach der Beendigung der Kirchenverfolgung und der Bedrückung der Gläubigen durch das gottlose kommunistische Regime hat Vladyka mitgewirkt bei der Wiedergeburt und Neuerrichtung der zerstörten Heiligtümer auf dem ganzen Gebiet der Heiligen Rus‘ – in Russland, der Ukraine und Belarus‘.

Als Bischof, der gerufen ist zur Aufsicht über die Herde, sah er, wo Not war, wo es Hilfe brauchte und tat alles, diese zu leisten.

Erzbischof Longin hat seinen Dienst ohne sich zu schonen bis zuletzt geleistet, solange es seine schwindenden Kräfte erlaubten. Sogar in den letzten Lebensmonaten, als er von der schweren Erkrankung schon gezeichnet war, hat er, so oft wie möglich, die Göttliche Liturgie gefeiert und sein Wort an die Gemeinde gerichtet. Am 4. Mai 2014, drei Monate vor seinem Tode, wandte sich Erzbischof Longin als „euer unwürdiger Beter, der demütige Longin, der sündige Erzbischof von Klin“, an die „treuen Kinder der Heiligen Russischen Orthodoxen Kirche“, mit einer Botschaft, die wir wohl als sein geistliches Testament verstehen dürfen. Diese Unterweisung, mit der ich mein Wort beenden möchte, hat auch heute – zehn Jahre später – nichts an ihrer Aktualität verloren:

„Friede und Gottes Segen für Euch!

Viele Jahrhunderte lang hat die orthodoxe Rus‘ nicht nur ihren Glauben, sondern auch die Einheit ihres Landes verteidigt. Wie viel unschuldiges Blut ist im Laufe der Jahrhunderte ihrer Geschichte vergossen worden. Die Rus‘ hat die Invasion der Tataren, die polnisch-litauischen Invasoren, die französische Intervention und zwei Weltkriege ertragen. Der orthodoxe Glaube, der apostolische Glaube hat unsere gemeinsamen Vorfahren vereint und zusammengeführt. Leider hat der Herr uns allen eine neue Prüfung auferlegt und den Brudermord, das Blutvergießen zugelassen, das nun das slawische Volk spaltet.

Natürlich haben wir alle das Recht, unsere politische Meinung zu haben, Sympathien für diese oder jene Partei, für diesen oder jenen Führer unserer Länder. Aber wir dürfen niemanden hassen, der eine andere Meinung vertritt, geschweige denn die Waffen gegen unsere Brüder und Schwestern erheben, die wie wir von Gott geschaffen wurden. Unsere Verwandten, Freunde und Bekannten leben auf der einen oder anderen Seite der Grenze, und wir sorgen uns um ihr Schicksal. Wir trauern mit ihnen, dass der Herr unserem Volk eine solche Prüfung schickt, wenn nicht nur materielle und kulturelle Werte zerstört werden, sondern auch freundschaftliche, brüderliche Bande von vielen Jahrhunderten zerbrechen und wir einander fremd werden.

Unsere Gemeinde ist eine multinationale Familie, und wir sollten versuchen, mit allen in Frieden und Liebe zu leben und gute Beziehungen zu haben, unabhängig davon, wer wen in der gegenwärtigen Konfrontation unterstützt. Es wäre sehr traurig und betrüblich, wenn in unserer Gemeinde hitzige politische Diskussionen entstünden, die in Beleidigungen, Kränkungen und Ärger umschlagen können.

Erlöse uns, o Herr, davon! Gott schenke uns ein demütiges, liebendes Herz! Gib, o Gott, dass wir zuerst unsere eigenen Verfehlungen sehen! Gott schenke uns, dass wir auch in diesen Ostertagen die Worte des heiligen Ephrem des Syrers wiederholen: ‚Herr, König, gib mir, Deinem Knecht, dass ich meine Verfehlungen sehe und nicht meinen Bruder verurteile…‘

Der Herr hat die Qualen des Kreuzes für jeden von uns auf sich genommen, weil Er die Liebe ist. Und wenn wir seine Jünger sind, werden wir unseren Nächsten lieben, denn Christus sagte: ‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst‘ (Mt 22,39), und wer seinen Nächsten hasst, hasst sich selbst.

Ich sende euch, Geliebte, diese Worte nicht zur Verurteilung, sondern zur Ermahnung, denn wir müssen eifrig füreinander beten.

Gottes Segen sei mit euch! Christus ist wahrhaftig auferstanden!

Der demütige Longin, sündiger Erzbischof von Klin.

4. Mai 2014, am Sonntag der Heiligen Myrrhentragenden Frauen“

Anschließend richtete der Erzbischof von Düsseldorf-Berlin, Metropolit Grigorije von Deutschland (Serbische Orthodoxe Kirche), ein Wort an die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung und wurde das Grußwort von Metropolit Isaak von Deutschland und Mitteleuropa (Antiochenische Kirche) verlesen.

Ihre persönlichen Erinnerungen an Erzbischof Longin teilten sodann mit der Versammlung Dr. Johannes Oeldemann, Direktor am Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumene in Paderborn und Vertreter der Katholischen Kirche im Ökumenischen Rat der Kirchen, der auch die Grüße von Dr. Dagmar Heller, als Vertreterin der Evangelischen Kirche Deutschlands und Leiterin des Ökumenischen Instituts in Bensheim, überbrachte, sowie der Politikwissenschaftler Alexander Rahr, sodann Ipodiakon Nikolaj Thon, der Referent für zwischenkirchliche Beziehungen der Diözese von Berlin und Deutschland, weiter der Generalkonsul der Russischen Föderation in Bonn Oleg Juzefovič Krasnickij, die Journalistin Vera Tatarnikova und der Redakteur von MK Deutschland, Sergej Rodionov, und schließlich Priester Michail Cholmeckij, der jetzige Pfarrer der Kirche der Obhut der Allheiligen Gottesgebärerin in Düsseldorf.

Zum Abschluss des Gedenkabends fand ein Konzert mit geistlicher Musik statt: Der Chor der Gottesmutter-Obhut-Kirche in Düsseldorf trug Werke der russischen Sakralmusik vor.

An der Veranstaltung nahmen auch Professor Barbara Hallensleben vom Lehrstuhl für Dogmatische Theologie und Ökumene der Universität Freiburg (Schweiz) sowie Professor P. Guido Vergauen OP, Ehrenrektor der Universität Freiburg und Ehrenoberhaupt der Schweizer Provinz des Dominikanerordens, teil. Zu den Teilnehmern des Abends gehörten weiter Gemeindemitglieder aus Kirchen des Erzbistums von Berlin und Deutschland, Persönlichkeiten aus dem Kulturbereich, sowie Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Angehörige und Freunde des verstorbenen Erzhirten.