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12 September 2023 - Die Worte von Erzbischof Tikhon von Ruza beim Interreligiösen Forum „Den Frieden wagen“

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Vom 10. bis 12. September 2023 fand in Berlin ein Interreligiöses Forum zum Thema „Den Frieden wagen“ statt. Erzbischof Tichon von Ruza, der Leiter der Diözese von Berlin und Deutschland, gab den Teilnehmern der Versammlung Informationen über die Diskriminierung der Gläubigen und Geistlichen der Ukrainischen Orthodoxen Kirche:

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Teilnehmer dieses Forums,

ungeachtet der bedeutenden Schritte, die durch die Menschheit auf dem Wege des Schutzes religiöser Rechte und Freiheiten unternommen worden sind, kommt es auch weiterhin zu Verfolgungen aus Glaubensgründen. Und dabei ist die Rede nicht allein von den Ländern des Nahen Ostens, die der Welt in den vergangenen Jahren hunderte, ja tausende neue christliche Märtyrer und Bekenner gebracht haben. Großangelegte religiöse Verfolgungen spielen sich derzeit in der Ukraine ab, wo die Ukrainische Orthodoxe Kirche, ihre Geistlichen und Gläubigen zum Ziel dieser Verfolgungen geworden sind.

Große Besorgnis äußerten diesbezüglich unlängst auch die Teilnehmer an der Sitzung des UN-Sicherheitsrats am 26. Juli 2023. In einem zusammenfassenden Bericht drückte die Direktorin der Allianz der Zivilisationen der Vereinten Nationen (UNAOC), Nihal Saad, ihre Besorgnis darüber aus, dass „die durch Regierung gegen die Ukrainische Orthodoxe Kirche unternommenen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit diskriminierend sein könnten“. Einen tiefen Eindruck hinterließ auf die Teilnehmer der Sitzung ebenso der Auftritt des bekannten Kiewer Journalisten und Schriftstellers Jan Taxjur, der aufgrund dessen, dass er sich für die Ukrainische Orthodoxe Kirche und gegen deren Drangsalieren durch den ukrainischen Staat aussprach, eine Haftstrafe abzubüßen hat.

Zum heutigen Zeitpunkt sehen sich viele Bischöfe, Priester und Laien der Ukrainischen Kirche Verfolgungen ausgesetzt, die auf konstruierten Anschuldigungen beruhen. Der jüngste Fall ist die Verhaftung des 74-jährigen Metropoliten Jonathan von Tultschin und Brazlaw, eines bekannten orthodoxen Bischofs und Kirchenkomponisten; am 7. August 2023 wurde er durch ein Gericht in Winniza zu 5 Jahren Freiheitsentzug samt einer Beschlagnahmung seines Vermögens verurteilt. Dabei wurden von der Verteidigung vorgebrachte rechtliche und faktische Beweismittel der Unschuld des Metropoliten ignoriert. Unter den absurden Anschuldigungen, die gegen Metropolit Jonathan – einen betagten, schwer kranken Mann – vorgebracht wurden, finden sich „Handlungen, die auf die gewaltsame Änderung oder den Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung oder auf die Ergreifung der Staatsmacht ausgerichtet sind“ ebenso wie ein „Angriff auf die territoriale Integrität der Ukraine“.

Die Verhaftung von Metropolit Jonathan ist ein weiterer, eklatanter Fall der Verletzung der Glaubensfreiheit und einer Verfolgung aus Glaubensgründen. Diese nun erfolgte Willkür hat bereits zu Protesten seitens religiöser Führungspersönlichkeiten geführt. Entsprechend haben sich der Patriarch der heiligen Stadt Jerusalem, Theophilos III., der Patriarch von Moskau und der ganzen Rus Kirill, der Erzbischof von Tirana und ganz Albanien Anastasios, der koptische Patriarch Tawadros II., der Vorsteher der Assyrischen Kirche des Ostens, Katholikos-Patriarch Mar Awa III., der Vorsteher der Malankara Syrisch-Orthodoxen Kirche, Katholikos Baselios Marthoma Matthews III. sowie eine Reihe von Vertretern internationaler politischer und gesellschaftlicher Organisationen zur Verteidigung des verfolgten Metropoliten geäußert.

Im Lichte dessen, dass das jetzige Friedenstreffen von Vertretern aus Religionen und Kulturen auf Dialog und Verständigung ausgerichtet ist, rufen wir die Teilnehmer des Forums dazu auf, in den Chor aus Persönlichkeiten des kirchlichen, politischen und gesellschaftlichen Lebens einzustimmen und ihre Stimme sowohl für Metropolit Jonathan, als auch gleichzeitig damit zum Schutz der Rechte und Freiheiten der Religionen in der Ukraine zu erheben. Dies wäre ein bedeutender Beitrag zur Sache der Versöhnung, der Verständigung, der interreligiösen Zusammenarbeit und Harmonie, die zu erreichen eine der Zielstellungen unseres Forums ist.