04 November 2024 - Erster Orthodoxer Jugendkongress der Diözese von Berlin und Deutschland in Hamburg zu Ende gegangen
Die Arbeit des dreitägigen Forums begann am 1. November mit der Göttlichen Liturgie, der Erzbischof Tichon von Ruza, der Vorsteher der Diözese von Berlin und Deutschland in Konzelebration mit dem Klerus vorstand. Vor Beginn der Sitzung richtete Erzbischof Tichon ein Grußwort an die Teilnehmer. Anschließend wurden der Aufmerksamkeit der Teilnehmer des Jugendkongresses die folgenden Vorträge vorgestellt:
1. „Wie man ein orthodoxes Leben in Deutschland lebt. Günstige Bedingungen und Schwierigkeiten“. Referent: Erzpriester Michail Rahr, Pfarrer der Kirche der hl. apostelgleichen Maria Magdalena in Weimar.
2. „Orthodoxie im Westen. Ist das nur Diaspora?“. Referent: Erzpriester Sergij Baburin, Pfarrer der Kirche des Gerechten Ioann von Kronstadt in Hamburg.
3. „Kriterien der Identität“. Referent: Erzpriester Dimitrij Vladimirov, Doktor der Philosophie, Geistlicher der Kirche der Obhut der Allheiligen Gottesgebärerin, Berlin (ROCOR).
4. „Nationale und religiöse Identität. Grenzen und Berührungspunkte“. Referent: Priestermönch Ioann (Guajta), italienischer und russländischer Historiker, Erforscher des östlichen Christentums und Schriftsteller.
5. „Metamoderne und orthodoxe Identität: Wie christliche Werte in der modernen Welt bewahren“. Referent: Priester Konstantin Lazukin, Leiter der Jugendabteilung der Diözese Vilna-Litovsk.
6. „Eigenheiten der russischen Orthodoxie im Ausland: Identitätskonflikte“. Referent: Erzpriester Vladislav Dichanov, Pfarrer der Pfarrei zum Heiligen Geist in Lahr (Deutschland).
7. „Die Vereinigung der Orthodoxen Jugend in Deutschland“. Referentin: Ksenija Schleicher, Delegierte der Vereinigung der orthodoxen Jugend in Deutschland.
8. „Die Bildung einer nationalen und religiösen Identität: eine biblische Erfahrung“. Referent: Priester Aleksandr Anisimov, Nürnberg. Bibelwissenschaftler.
Die Vorträge lösten eine lebhafte Diskussion aus, in der dsie Referenten die Fragen der jungen Menschen. beantworteten
In der zweiten Hälfte des zweiten Kongresstages gab es mehrere Runde Tische, die sich mit aktuellen Problemen des Lebens der orthodoxen Diaspora beschäftigten. Die Themen der Runden Tische waren:
1. Wie man heute Christ sein kann. Ist es möglich, die biblischen Anforderungen an die Moral in der modernen Welt zu erfüllen?
2. Das gegenwärtige Schisma in der orthodoxen Welt. Seine Bedeutung für die Orthodoxen in Deutschland und der mögliche Beitrag junger Menschen zu seiner Überwindung.
3. Orthodoxe und Nicht-Orthodoxe in Deutschland. Berührungspunkte und Unvereinbarkeiten. Wie man die Besonderheiten unseres Glaubens erklärt.
4. Die Wahrnehmung der Orthodoxie in verschiedenen Lebensabschnitten. Unterschiede in den Ansichten der Generationen. Unterschiede zwischen dem orthodoxen Leben früher und heute.
5. Die Bildung und das Leben einer orthodoxen Familie in Deutschland.
6. Die Grenzen zwischen orthodoxer Identität und anderen Selbstidentifikationen, einschließlich der nationalen Identität.
Am Ende der Diskussionen wurden die Ergebnisse des informativen Teils des Kongresses zusammengefasst. Den Jugendlichen wurde ein kulturelles Programm geboten, das eine Besichtigung der Sehenswürdigkeiten Hamburgs und einen Jugendball umfasste.
Der abschließende dritte Kongresstag begann mit der Göttlichen Liturgie, die von Erzbischof Tichon von Ruza, dem Vorsteher der Diözese, geleitet wurde. Am Tag zuvor hatte der Erzhirte schon dem Gottesdienst der Allnächtlichen Vigil vorgestanden.
Seiner Eminenz konzelebrierten Erzpriester Sergij Baburin, Dekan des Hamburger Bezirks, Priester Aleksej Veselov, Priestermöch Joann (Guajta), Priester Konstantin Lazukin, Leiter der Jugendabteilung der Diözese Vilna-Litovsk, Priester Andrej Gladyšev, Erzdiakon Archil Chkhikvadze und Diakon Aleksandr Gazanov.
Der Gottesdienst wurde in Kirchenslawisch und Deutsch gehalten.
Nach dem Kommunionvers richtete der Diözesanbischof ein Wort der Ermahnung an die Versammelten:
„Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Jedes Mal, Brüder und Schwestern, hören wir beim Gottesdienstes das Wort Gottes. Die Heilige Kirche möchte, dass jeder von uns, wenn er darüber nachdenkt, etwas sehr Wichtiges für die Ewigkeit, für das Heil sich zu eigen macht. Das irdische Leben bietet uns viele für den menschlichen Verstand unerklärliche Geheimnisse, aber das Leben nach dem Tod ist das Geheimnis der Geheimnisse. Was wird mit uns, wenn wir unsere irdische Existenz beenden? Was wird mit unserer Seele, wenn der Körper in die Erde zurückkehrt, von der er genommen wurde? Nur der christliche Glaube kann Antworten auf diese beunruhigenden Fragen geben. Das Gleichnis aus dem heutigen Evangelium über den reichen Mann, der nicht einmal einen Namen hat, und den Bettler Lazarus (Lk 16,19-31) gibt eine Antwort.
Es lebten zwei Menschen. Der eine lebte reich, kleidete sich luxuriös, vergnügte sich täglich mit seinen Freunden, aber er war geizig und äußerst hartherzig gegenüber den Armen. Von dem anderen heißt es, dass er, mit Namen Lazarus, am Tor des Hauses des Reichen lag und dass Hunde kamen und den Schorf seiner Wunden aufleckten. Doch mit seinem Tod ändert sich plötzlich alles: Der reiche Mann wird feierlich begraben, aber der Bettler Lazarus ist nicht wiederzuerkennen. Der eine zeigt sich jetzt in Herrlichkeit und ewiger Freude, der andere in ewigen Qualen. Der Bettler wurde von Engeln in Abrahams Schoß, in das Reich der Gerechten, getragen, während der Reiche in die Unterwelt ging.
Was hat der reiche Mann getan, um in die Hölle zu kommen, worin bestand seine Sünde? Er hatte nicht befohlen, dass der Arme verfolgt werde, er hat sich nicht ewinmal daran gestört, dass die Reste seines Tisches an den Bettler gingen. Er hat ihn nicht mit dem Fuß getreten, er hat ihn nicht angespuckt, ihn nicht verspottet. Der Ausleger sagt: „Der Reiche ging ins ewige Gefängnis, weil er nichts tat; obwohl er die Armut und das Leiden um sich herum sah, doch nichts bemerken wollte. Für ihn war der Bettler nur ein Teil des Stadtbildes. Er schenkte ihm nicht die gebührende Beachtung, er war empfindungslos“. Und was war mit Lazarus? Er stand jeden Tag vor der Frage: Was ist der Sinn dieser Leiden, warum werden sie geschickt, worin liegt ihr Sinn und was kann man weiter erwarten? Lazarus lebte in den Tiefen des Verstehens von all dem. Er war arm, aber er stahl nicht; er war krank, aber er murrte nicht; er litt, aber er ertrug alles geduldig; er betrachtete das Leben als ein Geschenk Gottes und warf dieses Geschenk nicht in den Dreck, wie es verrückte Selbstmörder tun. Lazarus wusste aus Erfahrung, was Mitgefühl und Barmherzigkeit sind, wofür er von Gott mit ewigen Gütern geehrt wurde.
Das heutige Gleichnis, Brüder und Schwestern, sagt uns, dass wir uns nicht darüber beklagen sollen, dass das Leben schwer ist und dass uns Nöte widerfahren. Durch die zeitlichen Leiden, Prüfungen und Bedrängnisse, die der Herr uns zuteilt, werden wir von der Sünde gereinigt wie Gold im Schmelztiegel und lernen zu verstehen, was Leben und Tod sind. Das Gleichnis zeigt uns, wie unser Verhalten zum Reichtum sein soll, es versichert uns der Unvermeidlichkeit des Todes und der Realität des Lebens nach dem Tod, es zeigt uns, wie nah und wie fern wir einander sein können. Das Gleichnis lehrt uns, dass früher oder später das Ende des zeitlichen Lebens kommen und jeder von uns vor dem Gericht Gottes stehen wird.
Deshalb lasst uns die Zeit besonders wertschätzen und uns uns beeilen, Gutes zu tun, Brüder und Schwestern. Hören wir auf das Wort Gottes, seien wir, wie es der Menschenliebende Gott will, mitfühlend und barmherzig und wärmen wir diejenigen, die leiden und unsere Aufmerksamkeit und Fürsorge brauchen, mit einer Liebkosung, einem Lächeln, einem freundlichen Wort und so viel Hilfe, wie wir können. Auf den Wegen unseres Lebens gibt es viele solcher Menschen. Im Mitleiden und in der Barmherzigkeit für die Leidenden und Bedürftigen reift ein Christ geistlich und wächst. Lasst uns immer daran denken, dass in unserem Nächsten nach den Worten der heiligen Väter unser ewiges Heil liegt. Amen.“
Zum Abschluss des Gottesdienstes wurde allen Teilnehmern des Jugendkongresses ein festliches Essen angeboten. Erzbischof Tichon ermutigte die Jugendlichen vor ihrer Abreise in die Pfarreien der Diözese. Nach einhelliger Meinung der Teilnehmer hat der Jugendkongress in ihren Herzen das Licht der Freude und der Einheit in Christus hinterlassen.