14 März 2022 - Lasst uns von Herzen an unserem ewigen Heil arbeiten
Am Abend des 10. März 2022, dem Donnerstag der ersten Fastenwoche, zelebrierte Erzbischof Tichon von Rusa, der Leiter der Diözese von Berlin und Deutschland, die Große Komplet mit der Lesung des Großen Bußkanons des ehrwürdigen Andreas von Kreta in der Kirche des heiligen gerechten Joann von Kronstadt in Hamburg und richtete sein Wort als Oberhirete an die Gemeinde.
Ich grüße euch alle, Brüder und Schwestern, zu den heiligen Abenden des Großen Bußkanons des ehrwürdigen Andreas von Kreta, den die Heilige Kirche in der ersten Woche der Vierzig Tage unserer Aufmerksamkeit anbefieht. Dabei lassen wir alle Feierlichkeit im Gottesdienst beiseite und konzentrieren uns auf die Lesung der Psalmen Davids und anderer Texte, die die Stimmung der reuigen Seele des Sünders widerspiegeln.
Das Hauptgebet der Fastenzeit ist die Hinwendung im Gebet: „Herr, erbarme dich“, gefolgt an Bedeutung vom Gebet des ehrwürdigen Ephrem von Syrien. Indem er sich an Gott mit der Bitte wendet, uns vom Geist des Müßiggangs, der Verzagtheit, der Lauheit und des Geschwätzes zu befreien, ruft der ehrwürdige Ephrem jeden von uns auf, Gott um Reinheit, Demut, Geduld und Liebe zu bitten, den Nächsten nicht zu verurteilen, sondern vielmehr unsere eigene Sünde zu erkennen.
Letzteres ist sehr wichtig, und dies ist der Grund dafür: Ein Jünger kam zu einem Starzen und erzählte ihm, dass er einen anderen großen Starzen gesehen hatte, der mit seinem Wort Tote auferweckte. Der Lehrer schwieg, aber dann erwiderte er: „Es ist keine große Sache, Kind, Tote auferstehen zu lassen. Eine große Sache ist, sich selbst zugrunde gehen zu sehen“. Welche geistliche Tiefe lag in dieser Antwort! Wer braucht Gott? – Die Schöpfung. Wer braucht den Erlöser? – Diejenigen, die zugrunde gehen. Wer braucht einen Arzt? – Der Kranke.
Die menschliche Seele ist von Sünden angefressen, sie ist krank und leidet. Der Wille ist ermüdet unter der Last der Leidenschaften und sündigen Gewohnheiten. Der Geist, der berufen ist, Gott und Seiner Verherrlichung zu dienen, ist an die Erde gekettet. Das Fleisch ist zu einem Gefäß für beschämende Schandtaten geworden. In einem solchen Zustand – nackt jedes guten Werkes entkleidet, von Kopf bis Fuß mit Sünde gefleckt – wird der Mensch von der Kirche aufgefangen und aufgerufen, seinen elenden Zustand zu erkennen, seine Sünde zu einzusehen und Gott die Buße darzubringen. Erst wenn die Seele ihre Sünde erkennt und die Notwendigkeit eines Erlösers spürt, sucht sie Heilung und empfängt sie in den rettenden Mysterien der Heiligen Kirche. Deshalb ist es an diesen Tagen einfach unerlässlich, das Gotteshaus aufzusuchen und an den Gottesdiensten teilzunehmen. Davon, wie wir diese Woche verbringen, sagen die Asketen der Frömmigkeit, hängt unser gesamtes Fasten ab.
Lasst uns von Herzen an unserem ewigen Heil arbeiten, Brüder und Schwestern, lasst uns aufrichtige Reue zeigen. Der menschenliebende Gott erwartet uns, gibt einem jeden, die Sünde nach dem Maß seiner Tugendtat zu sehen. Lasst uns fasten, denn der Herr Selbst hat um unseretwillen gefastet, und uns daran denken, dass die Pforten des Himmlischen Königtums und die Pforten der Buße ein und dieselben Pforten sind. Verbinden wir unsere Taten der Enthaltsamkeit und des Gebets in diesen heiligen Tagen mit Werken der Liebe und Barmherzigkeit. Beten wir für den Frieden im gesegneten ukrainischen Land und helfen wir denen, die heute leiden und unsere Hilfe brauchen. Amen.