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16 August 2022 - Mit großer Ehrfurcht ehren wir das Kreuz des Herrn

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Am 14. August 2022, dem 9. Sonntag nach Pfingsten, dem Fest der Heraustragung des Ehrwürdigen und Lebenschaffenden Kreuzes, feierte Erzbischof Tichon von Rusa, der Leiter der Diözese von Berlin und Deutschland, die Göttliche Liturgie in der Gemeinde des Ehrwürdigen und Lebenschaffenden Kreuzes des Herrn in Bad Kreuznach. Erzbischof Tichon hielt nach dem Kommuniongesang diese Predigt:

„Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Heute, Brüder und Schwestern, ist das Fest zu Ehren des Kreuzes des Herrn. Es wurde im neunten Jahrhundert in Konstantinopel eingeführt. Gleich zu Anfang August wurde das Lebensschaffende Holz aus der Hauskirche der byzantinischen Kaiser in die Kirche der Heiligen Sophia gebracht, wo die Kreuzverehrung und die Wasserweihe vollzogen wurden. Dann wurde das Heiliugtum zwei Wochen lang durch die Stadt getragen, wobei man Gebete um Abwehr von Krankheiten und Heiligung der Orte verrichtete. Der Brauch, das Kreuz des Herrn zur Verehrung durch die Gläubigen herauszutragen und vor ihm eine Wasserweihe zu vollziehen, ging in die gottesdienstliche Ordnung der Kirche ein, die auch bei uns in der Rus‘ im XIV. Jahrhundert angenommen wurde.

Mit großer Ehrfurcht ehren wir das Kreuz des Herrn, verneigen uns vor ihm und küssen es. Anders kann es auch nicht sein, denn „durch das Kreuz ist Freude der ganzen Welt gekommen“, durch es wurde der Sieg über den Teufel und den Tod errungen. „Anstelle des Baumes des Lebens im Paradies“, sagt der heilige Bischof Feofan der Klausner, „ist auf der Erde ein anderer Baum des Lebens gepflanzt worden – der Baum des Kreuzes!“ Vom Kreuz erhalten wir „alles, was wir zum Leben und zur Gottseligkeit brauchen“ (2 Petr 1,3), und ebenso die Kräfte zum Kampf gegen das Böse und die Ungerechtigkeit, zum Sieg über den Feind des Menschengeschlechts. Das Kreuz ist für uns Christen eine treue Stütze und ein Trost in allen möglichen Lebenslagen: Denen, die um der Wahrheit willen verfolgt werden, verkündet es die ewige Herrlichkeit; denen, die Angehörige und Nahestehende verloren haben, zeigt es den Weg zur künftigen Auferstehung und zur Vereinigung mit Gott; allen, die es verehren, vermittelt es ewige Freude.

In der heutigen Evangelienlesung weist der Herr auf die Notwendigkeit hin, das Kreuz zu tragen: „Wer Mir nachfolgen will, verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge Mir nach“ (Mk 8,34). Die Erfüllung dieses Göttlichen Gebotes, wie auch aller Gebote des Evangeliums, erweist sich als ein echtes Zeugnis dafür, dass der Christ das Heil erben und für immer mit dem Herrn sein will. „Gott rettet uns nicht ohne uns“, lehren die Heiligen Väter. Aus diesem Grund werden wir der rettenden Kraft des Kreuzes des Herrn teilhaftig, wenn wir mit Demut unser Kreuz im Leben tragen. Nach dem Zeugnis der Väter gibt es drei Wege der Rettung, denen je ein Kreuz entspricht: nicht sündigen; sündigt haben, aber Buße tun; und schließlich sündigt haben, Buße tun und Schmerzen erleiden.

Das erste Kreuz ist die Absage an jeden eigenwilligen Wunsch und die völlige Hingabe an den Willen Gottes. Dies ist das Kreuz der vollkommenen Menschen. Da sie Gottes Willen erkennen, erfüllen sie ihn bedingungslos, wie beispielsweise der Apostel Paulus, der sagt: „Christus bin ich gekreuzigt worden, und nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,20). Das andere Kreuz ist das Kreuz des inneren Kampfes mit den eigenen Sünden und Leidenschaften. „Diejenigen, die Christus angehören, haben das Fleisch mit seinen Leidenschaften und Begierden gekreuzigt“ (Gal 5,24). Dieser Kampf ist schwer, aber notwendig, er vertreibt das Böse, das sich im Herzen einnistet hat, und macht den Menschen fähig, Gott zu sehauen. Und das dritte Kreuz ist das Kreuz des geduldigen Ertragens von Leiden und Krankheiten. Wie die Väter der Kirche bezeugen, werden die Christen in der Endzeit am häufigsten gerade diesen Weg gehen, den Weg des Ertragens von Leiden und Krankheiten, indem sie die Gebote Gottes erfüllen und – ohne zu klagen – ihr Kreuz tragen.

„Dein Kreuz verehren wir, Gebieter, und Deine heilige Auferstehung rühmen wir“, singt die Heilige Kirche. Danken wir, Brüder und Schwestern, unserem Herrn und Heiland, der Seine Liebe zum Menschengeschlecht gezeigt hat. Verehren und umarmen wir das Lebenschaffende Kreuz des Herrn, das jetzt in der Mitte der Kirche liegt! Seien wir dessen eingedenk, dass wir, solange unser Blick auf den Herrn gerichtet ist, in Sicherheit sind, denn Er sorgt für seine Gläubigen und wird nicht zulassen, dass zugrunde gehen. Lasst uns inständig zum Herrn beten, dass Er uns die Kräfte gibt, unser Kreuz durch das Leben mit Geduld und vollstämndiger Hingabe an den Willen Gottes zu tragen, indem wir auf den um unserer Rettung willen Gekreuzigten schauen. „Ehre, Herr, Deinem ehrwürdigen Kreuz!“ Amen.“