10 Dezember 2021 - Offener Brief von Erzbischof Tichon an Dr. Felix Schwenke, Oberbürgermeister von Offenbach, im Zusammenhang mit einer dortigen gotteslästerlichen Ausstellung
Offener Brief von Erzbischof Tichon von Rusa, Leiter der Diözese von Berlin und Deutschland, an Dr. Felix Schwenke, Oberbürgermeister von Offenbach, im Zusammenhang mit einer dortigen gotteslästerlichen Ausstellung
Herrn Dr. Felix Schwenke, Oberbürgermeister der Stadt Offenbach
Sehr geehrter Herr Dr. Schwenke,
mit großer Empörung und Besorgnis haben wir von der Eröffnung einer Ausstellung in Offenbach mit dem provokanten Titel „Pornografische Serie“ erfahren. Die Ausstellung zeigt orthodoxe Ikonen, auf die in sakrilegischer Weise Darstellungen sexuellen und pornografischen Charakters aufgebracht worden sind. Die Ausstellung hat bereits negative Reaktionen hervorgerufen, nicht nur von Gläubigen orthodoxen Bekenntnisses vor Ort, sondern auch von Christen anderer Konfessionen – sowohl in Deutschland wie im Ausland.
Die Proteste der orthodoxen Gläubigen Offenbachs, deren Interessen Sie als Leiter der Stadtverwaltung auch zu vertreten haben, stießen von Ihrer Seite auf Unverständnis. Im Gegensatz zu deren Beunruhigung beriefen Sie sich auf die Freiheit der Kunst, die nach Ihren Worten auch Kritik an kirchlichen Einrichtungen und Religionen einschließe.
Die Russische Orthodoxe Kirche begrüßt die Freiheit des kreativen Ausdrucks des Einzelnen. Ohne sie wäre es der Welt unmöglich, sowohl weltliche als auch kirchliche Kunst zu entwickeln. Kreativitätsfreiheit bedeutet jedoch nicht Freizügigkeit und bedeutet nicht, andere Menschen und ihre religiösen Gefühle zu beleidigen. Kritik, insbesondere konstruktive Kritik, ist sicher zulässig. Es ist aber inakzeptabel, etwas zu verspotten, das Millionen von Gläubigen heilig und teuer ist.
Für orthodoxe Christen ist eine Ikone nicht einfach nur ein Gemälde. Es ist ein heiliges Bild, ein Gegenstand der Verehrung und Ehrfurcht. Auf Ikonen sind Menschen mit einem heiligen Leben dargestellt. Sie lebten in verschiedenen Epochen und Kulturen, taten Gutes und setzten sich für das Gemeinwohl ein. Unanständige Darstellungen auf Ikonen sind eine Beleidigung ihres Andenken, stellen eine direkte Verhöhnung derer dar, deren Namen im Gedächtnis der Kirche hochgehalten werden.
Es muss auch gesagt werden, dass die Initiatorin der Ausstellung ausgerechnet die am wenigsten einflussreiche christliche Konfession in Deutschland gewählt hat, um ihre „künstlerische Freiheit“ auszudrücken.
Die Diözese von Berlin und Deutschland der Russisch-Orthodoxen Kirche drückt den orthodoxen Gläubigen in Offenbach ihre Sympathie und Unterstützung aus. Wir sind empört über diese Ausstellung und fordern, dass bei der Organisation solcher „kreativen“ Experimente in Zukunft die Interessen und die Stellung der orthodoxen Bürger Deutschlands berücksichtigt werden.
+ Tichon, Erzbischof Tichon von Rusa
Leiter der Diözese von Berlin und Deutschland