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20 Februar 2024 - Um Christus zu sehen, muss man sich über die Menge erheben

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Am 18. Februar 2024, dem 37. Sonntag nach Pfingsten, feierte Erzbischof Tichon von Ruza, der Vorsteher der Diözese von Berlin und Deutschland, die Göttliche Liturgie in der Pfarrei zu Ehren des hl. Markus, des Apostels und Evangelisten, in Bad Hersfeld.

Seiner Eminenz konzelebrierten der Pfarrer der Gemeinde, Erzpriester Edessij Ziske, Protodiakon Archil Chkhikvadze.

Nach der Inständigen Ektenie wurde ein Gebet für den Frieden im Heiligen Land gesprochen.

Nach dem Kommunionvers hielt Erzbischof Tichon diese Predigt:

«Wir haben heute, Brüder und Schwestern, die Verkündigung des Evangeliums über den Steuereintreiber Zachäus und seine Begegnung mit Christus gehört. Der Verpflichtung, Steuern einzutreiben, wurde nie mit Hochachtung begegnet. Viele der Zöllner, der Steuereintreiber, waren bei weitem nicht immer ehrlich zu denen, von denen sie die Steuern eintrieben, und wurden so zu Objekten der Verachtung und sogar des Hasses. Der Zachäus des Evangeliums war zudem ein Vorsteher der Zöllner und ein reicher Mann.

Einmal zog Jesus Christus durch Jericho. Den Herrn umgab dabei eine große Menschenmenge. Von allen Seiten strömten die Menschen zu Ihm: einige, um ein Wort aus dem Mund des Göttlichen Lehrers zu hören; andere, um den Saum Seines Gewandes zu berühren und so Heilung zu erlangen; wieder andere, um einen Wundertäter zu sehen. Inmitten dieser Menge befand sich auch der von allen verachtete Zachäus. Er versuchte, wie die anderen, den Herrn zu sehen, denn er hatte viel von Ihm gehört. Seine kleine Statur erlaubte ihm aber nicht, sich über die dichte Mauer des Volkes zu erheben. Als er sich überzeugt hatte, dass er Jesus Christus hinter den Menschen nicht sehen konnte, lief er vor allen her und kletterte auf einen Baum, um auf Den zu schauen, Der sein Herz mit einer unbegreiflichen Kraft angezogen hatte.

Welche Freude aber war in Zachäus‘ Seele, als er hörte, wie der Herr ihn mit seinem Namen ansprach: „Zachäus, komm schnell herunter, denn heute muss Ich in deinem Haus sein“ (Lk 19,5). Unaussprechliche Freude erfüllte den Zöllner. Ein Strahl Göttlichen Lichtes erhellte seine Seele. Zachäus „stieg eilends hinab und empfing den Herrn mit Freude“. Die Leute waren verwundert: „Wie kann das sein? Zu welchem unpassenden Mann ist Christus in das Haus gekommen?“ Und warum? – Weil, Brüder und Schwestern, der Herr den seelischen Zustand dieses Menschen gesehen hatte. Es war lebenswichtig für Zachäus, den Herrn zu sehen. Damit zeigte er, dass es ohne die Begegnung mit Gott und Seine Aufnahme in das Haus der Seele kein wahres Leben geben kann. Obwohl Zachäus alles hatte – Macht, Geld, Befriedigung – fehlte ihm das Wichtigste: die Gegenwart Gottes in der Seele. Weder Reichtümer, die auf unrechtmäßigem Wege erworben worden waren, noch Ehre, noch irdische Vergnügungen vermochten Zachäus‘ Seele zu befriedigen. Er suchte Höheres, er suchte das, was Christus verkündet hatte – das Königtum Gottes und seine Gerechtigkeit, er suchte Gott.

Welche Lektion sollen wir hier lernen, Brüder und Schwestern? Um Christus zu sehen, muss man sich über die Menge erheben. Untergetaucht in der Hektik des Lebens, in der ständigen Betriebsamkeit, in den irdischen Sorgen ist es schwierig, mit dem geistlichen Auge Christus zu sehen. „Geschichte, Politik, Technologie, Ökonomie, alle möglichen Vergnügungen überschatten wie die Volksmenge Christus“, sagt der Ausleger. – „Wir sind geistlich ‚kleinwüchsig‘, weil wir nicht einmal einen Feigenbaum suchen, auf den wir klettern können, um über der Geschäftigkeit des Lebens Christus zu sehen.“ Unter dem Feigenbaum müssen wir die Kirche verstehen, die uns über die Alltäglichkeit und Eitelkeit des Lebens erhebt. Die Kirche verlangt von uns, wie eine fürsorgliche Mutter, innere Anstrengungen und geistliches Wachstum.

Als Zachäus den Herrn in sein Haus aufnahm, rief er aus: „Herr, ich will die Hälfte meines Vermögens den Armen geben, und wenn ich jemandem Unrecht getan habe, will ich es ihm vierfach vergelten“. Dies ist ein Beispiel für Reue und Berichtigung des Lebens! Zachäus fühlte die Schuld sowohl vor den Menschen als auch vor Jesus Christus. Er öffnete sein Herz, tat Buße und bekundete seine Bereitschaft, weiterhin nicht mehr auf den Weg der Sünde zurückzukehren. Damit auch wir Gott finden, müssen wir die Sünde verwerfen und uns zur Buße hinwenden. Es reicht nicht aus, in der Beichte zu sagen, dass wir Sünder sind, es ist zu wenig, zu versprechen, so nicht wieder zu handeln, es ist notwendig, sein Leben zu berichtigen und die Folgen der Sünde zu vernichten: Das Gestohlene zurückgeben, das durch Betrug Erworbene abgeben, Gutes tun im Überfluss denen, die wir zur Sünde verführt haben, von ganzem Herzen verzeihen.

Denken wir daran, Brüder und Schwestern, dass „der Menschensohn gekommen ist, zu suchen und zu retten, was verloren ist“ (Mt 18,11). Der Herr erwartet unsere Umkehr. Er liebt diejenigen, die Buße tun. So wie der Herr dem Zachäus vergeben hat, ist er bereit, jedem Sünder zu vergeben, der mit zerknirschtem Herzen seine Sünde anerkennt, aufrichtig bereut und alles tut zu Berichtigung seines Lebens und zur Rettung seiner unsterblichen Seele. Der barmherzige Herr steht an den Türen des Herzens und wartet darauf, dass wir Ihn aufnehmen (Offb 3,20). Wer Ihm sein Herz öffnet, wird für immer bei Ihm bleiben, sowohl im irdischen Leben als auch in der seligen Ewigkeit. Amen.“

Am Ende des Gottesdienstes feierten Erzbischof Tichon und die Geistlichkeit die Doxologie des Festes der Begegnung des Herrn.