12 September 2022 - Der heilige Johannes der Vorläufer ruft uns zur Umkehr auf
Am Tag der Enthauptung des hl. Johannes des Vorläufers feierte Erzbischof Tichon in der Berliner Auferstehungskirche die Göttliche Liturgie und vollzog eine Diakonenweihe. Nach dem Kommunionvers wandte sich der Erzbischof mit einem erzhirtlichen Wort an die Versammlung:
Heute ist der Tag der Enthauptung des heiligen Johannes des Täufers, des größten der Propheten. Heute ist ein Fest und ein strenges Fasten, Freude und Trauer zugleich. Beim Namen des hl. Johannes des Vorläufers steht vor unserem geistigen Auge der größte Asket, gekleidet in ein hartes Haarhemd, umgürtet mit einem Lederriemen, der die allereinfachste Nahrung zu sich nimmt – scharfe Kräuter und den Honig wilder Bienen.
Er war der Sohn des Priesters Zacharias und der rechtschaffenen Elisabeth. Bevor Johannes geboren wurde, hatte der Engel des Herrn dem Zacharias seine hohe Bestimmung vorhergesagt. „Er“, so sagte der Engel, „wird dem Herrn vorausgehen im Geist und in der Kraft des Elija“ (Lk 1,17). Der Prophet Jesaja sagte von ihm, er werde „die Stimme des Rufenden in der Wüste sein, und den Weg des Herrn bereiten“ (Jes 40,3). Dieser bildliche Ausdruck spricht von dem hohen Dienst des Vorläufers vor dem Kommen Christi, des Erretters, und zeigt, unter welchen Schwierigkeiten seinen Dienst ausüben würde.
Die Sache ist, dass Judäa etwa sechzig Jahre vor dem Kommen des Herrn unter das Joch strenger Eroberer, der Römer, gefallen war. Die Juden, denen die Verheißung gegeben worden war, Erben des Königtums Gottes zu sein, empfanden das Joch als äußerst schwer, und ihr Glaube war erschüttert. Sie stellten sich den den Messias, Christus, den Retter, in ihrer überwiegenden Mehrzahl nicht als einen geistlichen Führer vor, der ihnen das Himmlische Königtum bringen würde, sondern als einen politischen Führer, Der sie vom verhassten römischen Joch befreien und sie zu den Ersten unter allen Völkern machen würde.
und die Sadduzäer, die untereinander verfeindet waren, entsprachen moralisch nicht ihrer hohen Position. Das Gesetz verstanden sie als Erfüllung äußerlicher Verplichtungen und kümmerten sich weniger als alles um ihre innere geistliche Ausrichtung. Der Herr nannte sie blinde Führer (Mt 15,14). Dem Propheten Johannes war es bestimmt, diese falschen Ansichten korrigieren und die Menschen auf die Ankunft des Messias, Christi des Erretters, vorzubereiten. Er sollte vor dem jüdischen Volk Zeugnis über den Messias als einem geistlichen Führer ablegen.
Und so kam er, als „die Stimme Gottes zu Johannes sprach“ (Lk 3,2), an das Ufer des Jordans, und aus seinem Munde hörten alle, dass mitten unter dem Volk Christus, der Eretter stand, Dem „ den Riemen von seinen Sandalen zu lösen. er nicht würdig war. Ich taufe euch mit Wasser, damit ihr Buße tut; mitten unter euch aber steht der, der Mächtiger als ich, der mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen wird“ (Lk 3,16). Zu den einfachen Leuten sagte er: Wer etwas übrig hat an Nahrung oder Kleidung, der teile es mit seinen Nachbarn. Den Soldaten, die fragten, was sie tun sollten, antwortete er: Beleidigt niemanden, verleumdet niemanden und seid mit eurem Lohn zufrieden. Die Zöllner und Steuereintreiber fragten: Was sollen wir tun? Er sagte zu ihnen: Nehmt nicht mehr, als was euch zusteht. Auch kamen einige der Pharisäer und Schriftgelehrten. Johannes wies sie zurecht und sagte: „Schlangenbrut! Wer hat euch darauf gebracht, vor dem kommenden Zorn zu fliehen? Bringt würdige Früchte der Umkehr hervor, und denkt nicht daran, bei euch selbst zu sagen: ‚Abraham haben wir zum Vater‘; denn ich sage euch, dass Gott Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken kann“ (Lk 3,7-8). Ohne Ausnahme rief der Vorläufer alle zur Umkehr, indem er das Bewusstsein für die Sündhaftigkeit weckte und zur Berichtigung ermutigte.
Auch Herodes, der Tetrach von Galiläa, der das Gesetz Gottes gebrochen hatte, indem er die Frau seines leiblichen Bruders, Herodias, heiratete, wurde durch das prophetische Wort zurechtgewiesen. Sie war eine machtbewußte und grimmige Frau und hatte großen Einfluss auf Herodes. Johannes wies Herodes zurecht und sagte: „Es ist nicht erlaubt, dass du sie zur Frau nimmst“ (Mt 14,4). Herodias, die dahere Groll gegen Johannes hegte, beschloss, sich seiner zu entledigen. Und der Anlass dazu bot sich am Geburtstag des Herodes. Die Tochter der Herodias, Salome, hatte während des Gelages Herodes mit ihrem Tanz so gefallen, dass er schwor, ihr alles zu geben, was er verlangte. Sie aber bat ihn auf Veranlassung ihrer Mutter ihn, ihr den Kopf Johannes’ des Täufers auf einer Schüssel zu bringen. Herodes war betrübt, aber um des Gelübdes und derer willen, die mit ihm zu Tisch lagen, befahl er ihn ihr zu geben, und sandte, Johannes im Gefängnis den Kopf abzuschlagen (Mt 14, 7-10). So endete das Leben des größten Propheten.
Die Sünde begann mit dem Gelage und endete mit einem schrecklichen Verbrechen und mit Mord. So beginnt die Sünde, Brüder und Schwestern, immer im Kleinen. Einer Ameise gleich, wie es im Buch Hiob (Hiob 4) gesagt wird, schleicht sich der Dämon durch die Sünde unbemerkt in das Herz und die Gedanken ein, wächst dann aber und wird so groß und stark wie ein Löwe, so dass der Mensch nicht mehr die Kräfte hat, ihn zu überwinden. Das einzige Mittel, ihm zu entkommen, ist die Gnade Gottes, die jedem Sünder zuteil wird, der fest entschlossen ist, nicht auf den Weg der Sünde und des Verderbens zurückzukehren. Der heilige Johannes der Vorläufer ruft uns zur Umkehr auf, Brüder und Schwestern, wobei er mit seinem ganzen Leben bezeugt, dass die Umkehr der einzige Weg zu Christus, dem Erretter, ist, Dessen Kommen er selbst angekündigt und auf Den er verwiesen hat. Als Martyrer, der sein Leben für die Wahrheit hingegeben hat, möge er uns alle lehren, die Wahrheit zu lieben und zu bewahren, denn sie ist das Wertvollste im Leben. Amen!