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19 März 2019 - Aufruf des Erzbischofs von Podolsk Tichon, Leiters der Diözese von Berlin und Deutschland an die Mitglieder der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland im Vorfeld der Frühjahrsitzung

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An die hochwürdigsten Bischöfe, Mitglieder der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland

Eure Eminenzen und Exzellenzen!

Bei der Sitzung des Diözesanrates der Diözese von Berlin und Deutschland der Russischen Orthodoxen Kirche im März diesen Jahres wurde die jetzige Situation auf dem Feld der interorthodoxen Zusammenarbeit in Deutschland diskutiert.

Nach eingehender Prüfung der aktuellen Situation mussten die Mitglieder des Rates feststellen, dass die Aktionen des Konstantinopler Patriarchen Bartholomaios in der Ukraine und seine mangelnde Bereitschaft, auf die synodale Stimme vieler autokephaler Kirchen zu hören, auch die zuvor konstruktive interorthodoxe Zusammenarbeit in den ausländischen Diözesen und insbesondere in Deutschland erheblich erschwert haben. In Anteilnahme am Schmerz wegen der Unterdrückungen der kanonischen Ukrainischen Orthodoxen Kirche, die jetzt von Seiten des Staates und der schismatischen Strukturen verfolgt wird, und im Gehorsam gegenüber der der Entscheidung der Kirchenleitung waren die Hierarchen und Geistlichen der Russischen Orthodoxen Kirche gezwungen, ihre Teilnahme an Sitzungen auszusetzen, die unter dem Vorsitz von Geistlichen des Patriarchats von Konstantinopel stattfinden.

Dies ist umso trauriger, da wir seit fast 25 Jahren dank der brüderlichen Gemeinschaft und Zusammenarbeit der Bischöfe und Geistlichen der orthodoxen Diözesen in Deutschland, zunächst im Rahmen der Kommission der Orthodoxen Kirchen in Deutschland (KOKiD), dann im Rahmen der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland (OBKD), in Deutschland viel erreichen konnten. Hervorzuheben sind besonders die Leistungen in den Bereichen schulischer Bildung und beim Religionsunterricht, beim Sozialdienst, in der Jugend-, Öffentlichkeits- und Medienarbeit, auf dem Feld der Zusammenarbeit mit Vertretern der Katholischen und Evangelischen Kirche in Deutschland und anderen religiösen Organisationen.

Liebe Mitbrüder im Bischofsamt, unter Berücksichtigung des vorstehend Gesagten ist es notwendig, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um nicht nur das Erreichte nicht zu verlieren, sondern das weiter zu mehren, was im Laufe der Jahrzehnte aufgebaut wurde. Dazu müssen wir alle verfügbaren Möglichkeiten nutzen, die uns helfen würden, unsere fruchtbare Zusammenarbeit zum Wohle des Pleroma der Orthodoxen Kirche in Deutschland fortzusetzen. Eine von ihnen ist die Rückkehr zur wahren Synodalität der Kirche, die auf den Prinzipien der hierarchischen Gleichheit und der brüderlichen Liebe beruht.

Im Blick allein auf das Wohl der Kirche schlagen wir vor, die Frage einer regelmäßigen Rotation bzw. der freien Wahl des Vorsitzenden der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland unter allen ihren Teilnehmern zu prüfen. In diesem Fall werden alle orthodoxen Bischöfe in Deutschland, unabhängig von ihrer Jurisdiktion, weiterhin zur Ehre der Heiligen Kirche zusammenarbeiten können. Und vielleicht ist es gerade diese Option, die einen Beginn für die allmähliche Heilung der Wunde bedeutet, die jetzt den Leib Christi verletzt.

In einer Situation, in der die Machtansprüche des Patriarchats von Konstantinopel, das leider die Adäquatheit seines Selbstverständnisses verloren hat, auf der einen Waagschale und auf der anderen die Sorge um die Einheit und das Wohlergehen der Orthodoxen Kirche liegen, scheint eine solche Lösung des Problems die einzig mögliche Option zu sein. Wir möchten auch daran erinnern, dass das Prinzip der Wahl des Vorsitzenden für einen begrenzten Zeitraum am Anfang auch in der Satzung der Kommission der Orthodoxen Kirchen in Deutschland (KOKiD) verankert war. Die Änderung dieses Prinzips zugunsten eines Monopols der Hierarchie des Patriarchats von Konstantinopel ist mit Beschlüssen der 4. Panorthodoxen Präkonziliaren Konferenz 2009 in Chambésy verbunden, die aber schon nicht mehr den Anforderungen und wahren Bedürfnissen der Kirche in der modernen Welt entsprechen, wie sie sich in dieser Zeit und vor allem im vergangenen Jahr entwickelt haben.

Wir betonen noch einmal, dass der vorliegende Vorschlag durch die tatsächlichen Bedürfnisse der Orthodoxen Kirche in der Diaspora ausgelöst wurde. Ich fordere Sie auf, liebe bischöfliche Mitbrüder, zusammen mit der Russischen Orthodoxen Kirche Ihre Gebete für die Einheit der Heiligen Orthodoxie, für die Bewahrung der Kirche vor Spaltungen und Schismen zu verstärken. Wir geben der Hoffnung Ausdruck, dass wir mit unseren gemeinsamen Anstrengungen und Gottes Hilfe die Krise überwinden können und im Geiste der Liebe und des Friedens unseren Dienst zum Wohle der Heiligen Kirche und des Volkes Gottes in der ganzen Welt und besonders in Deutschland, das unter unserer Hirtensorge steht, fortsetzen.

Hamburg, 19. März 2019

+ TICHON
Erzbischof von Podolsk
Leiter der Diözese von Berlin und Deutschland der Russischen Orthodoxen Kirche / Moskauer Patriarchat