• ru flag
  • de flag

10 Juni 2021 - Wenn der Herr mit uns ist, wer ist dann gegen uns?

Die Berlin-Deutsche Diözese > Aktuell > Wenn der Herr mit uns ist, wer ist dann gegen uns?

Predigt von Erzbischof Tichon von Rusa am 6. Sonntag nach Pascha, dem Sonntag der Heilung des Blinden

Christus ist auferstanden!

Die heutige Evangelienlesung, Brüder und Schwestern, erzählt von der Heilung eines blind geborenen Menschen durch Jesus Christus (Jo 9,1-38). Obwohl der Blinde nicht um die Heilung bat, sondern nur durch sein Aussehen zeigte, dass er sehen wollte, vollbrachte der Herr das Wunder. Warum stellt die Kirche diesen Abschnitt der Heiligen Schrift unter die Sonntagslesungen an den Tagen des Heiligen Pascha? Weil er von der göttlichen Kraft Christi spricht, von Seiner unaussprechlichen Liebe zum Menschengeschlecht und für uns das Wesen des Dienstes des Herrn offenbart.

Christus wurde auf seiner Reise von seinen Jüngern begleitet. Als die Jünger eines Tages einen blind geborenen Mann sahen, fragten sie: „Rabbi, wer hat gesündigt, er oder seine Eltern, dass er blind geboren wurde? (Jo 9,2). Aber Christus beeilte sich, ohne auf die Argumentation einzugehen, sofort die Augen des Blindgeborenen zu öffnen, damit er sehen konnte, wie schön diese Welt ist und der Eine, Der sie geschaffen hat. Was sagt uns der Herr? Er lehrt uns, dass wir eilen sollen, das Gute zu tun, um den Leidenden zu helfen. Der Herr gibt uns zu verstehen, dass wir berufen sind, jedem zu helfen, der uns braucht – egal, wer dieser Mensch ist, welche Religion oder Nationalität er hat, ob er reich oder arm, alt oder jung ist. Wir sollen jeden so behandeln, wie der Herr Selbst uns behandelt. Dies ist die erste Wahrheit, die wir aus diesem Abschnitt des Evangeliums lernen müssen.

Das zweite ist, dass es neben der körperlichen Blindheit auch eine geistige Blindheit gibt, wenn die Sünde die Fähigkeit des Menschen verfinstert, das Offensichtliche zu sehen, die Göttliche Wahrheit und die menschliche Wahrheit zu hören. Wir finden ein Beispiel für eine solche Blindheit im Evangelium. Während seines Dienstes traf der Herr mit den Schriftgelehrten und Pharisäern zusammen, den Kennern des Gesetzes, den Lehrern des Volkes Israel. Was auch immer der Herr tat, es wurde durch ihre Weigerung, Ihn als den menschgewordenen Messias anzuerkennen, gestört. So suchten sie jede Gelegenheit, dem Herrn vorzuwerfen, dass Er den Sabbat gebrochen habe, dass Er den Machthabern nicht gehorche, und brachten andere kleinliche Anschuldigungen vor. Hinter den Worten, die sie für wahr hielten, verbargen sich aber immer nur Heuchelei und Betrug. Und die Worte der Schrift, auf die sie sich beriefen, waren nur ein Mittel, um die Aufmerksamkeit der Menschen um sie herum in den Schlaf zu wiegen und ihren eigenen völligen Mangel des Glauben an Gott zu überdecken (Jes 29,13; Mt 15,7; Mk 15,31).

Gibt es, Brüder und Schwestern, geistig blinde Menschen in unserer Zeit? Es gibt sie. Es sind die Menschen, die sich der Wahrheit widersetzen und in sich und anderen in ihrer Umgebung die Stimme des Gewissens unterdrücken, die das Gesetz Gottes ist, das das Gesetz des Gewissens übertrifft. Wir können beobachten, dass die Wahrheit Gottes in unseren Tagen von den Menschen niedergetrampelt wird. Zum Beispiel weiß jeder, dass die Ehe heilig ist und dass der Zweck der Ehe darin besteht, Kinder zu bekommen. Aber es gibt einige, sogar solche, die Autorität haben, die sich gegen die Ehe als göttliche Einrichtung stellen, Gottes Gesetz missachten und das Gesetz der Natur pervertieren (Hebr 13,4; Röm 1,27). Dieser Widerstand gegen die Wahrheit ist nichts anderes als Lästerung wider den Heiligen Geist, ein Beispiel für geistige Blindheit, die den Menschen, das Volk und die Gesellschaft ins Verderben führt. Erinnert euch daran, wie die Städte Sodom und Gomorra in fleischlicher Lust und Ungerechtigkeit versanken? Sie gingen unter „mit Getöse“ (Ps. 9,7), für immer als Mahnung für diejenigen, die es wagen, sie nachzuahmen (2 Petr 2,9).

Der Blinde des Evangeliums, Brüder und Schwestern, sah mit leiblichen Augen und bekannte den Glauben an Christus als Gott, Der im Fleisch zu unserer Rettung kam. Durch seinen Mut und sein Einstehen für die Wahrheit lehrt er uns, furchtlos und mutig im Angesicht der Gefahr zu sein, die Wahrheit zu verteidigen und ihre Verfechter zu sein. Er lehrt uns, uns daran zu erinnern, dass es immer einen Gott gibt, Der uns zu Hilfe kommt, wenn wir uns beeilen, das Gute zu tun und nach der göttlichen Wahrheit zu leben. Und wenn der Herr mit uns ist, wer ist dann gegen uns? Zum Pascha Christi, meine Lieben, gratuliere ich euch allen: Christus ist auferstanden! Amen.