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14 August 2022 - Am 13. August 2022 feierte Erzbischof Tichon die Göttliche Liturgie in der Pfarrei des heiligen Märtyrers Christophoros in Mainz

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Am 13. August 2022, dem Vortag des Festes der Heraustragung des ehrwürdigen Holzes des Lebensschaffenden Kreuzes des Herrn, besuchte Erzbischof Tichon von Ruza, Leiter der Diözese von Berlin und Deutschland, die Stadt Mainz und feierte die Göttliche Liturgie in der dortigen deutschsprachigen Pfarrei des heiligen Märtyrers Christophoros.

Mit dem Erzbischof konzelebrierten der Vorsteher der Gemeinde, Priester Matthias Froese, und Diakon Archill Chkhikvadze. Der Gottesdienst wurde in Kirchenslawisch und Deutsch gehalten.

Nach dem Kommuniongesang hielt Pfarrer Mathias Froese die Predigt:

«Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Liebe Brüder und Schwestern,

die heutige Geschichte aus dem Evangelium ist die kleine Schwester der Speisung der 5000, denn hier macht Jesus „nur“ 4000 Leute satt. Die Geschichte ist vielleicht deshalb auch nicht so bekannt wie die andere. Dennoch lohnt es sich, dass wir uns näher mit ihr beschäftigen.

Ganz wichtig ist der allererste Satz, den Jesus sagt: „Diese Menschen tun mir leid.“ Viele Kranke, Arme und Benachteiligte sind zu ihm gekommen und hoffen auf seine Hilfe. Schon drei Tage lang hat er sich um sie gekümmert: Er heilte die Kranken, tröstete die Traurigen und machte allen Hoffnung auf das Himmelreich. Zuletzt tun sie ihm auch deswegen leid, weil sie Hunger haben. Ihre mitgebrachten Lebensmittel sind fast aufgebraucht, und man kann sich in dieser Gegend kein Essen besorgen. Alle Menschen tun Jesus leid, denn er kennt sie alle ganz genau und weiß was ihnen fehlt. Alle Menschen tun Jesus leid, denn sie sind ihm nicht egal, sondern er hat jeden Einzelnen lieb.

Ja, das ist etwas ganz Wichtiges, was wir von Jesus wissen sollen: Wir sind ihm nicht egal, unsere Sorgen lassen ihn nicht kalt. Auch wir tun ihm leid, ganz gleich, was für Nöte und Probleme wir haben. Jesus tun die vielen Menschen aber nicht nur einfach leid, sondern er wird auch aktiv für sie. Er will ihnen helfen, und er kann dies auch.

Was hat er zur Verfügung? Sieben Brote und ein paar kleine Fische, aber das hindert ihn nicht. Er ist der eingeborene Sohn des allmächtigen Vaters im Himmel. Die Jünger haben das letzte Speisungswunder wohl nicht mehr in Erinnerung und so werden Sie erneut Zeugen des Unglaublichen.

Er vollzieht das Wunder in drei Schritten und es lohnt sich, diese drei Schritte näher zu beleuichten, denn sie enthalten alle drei eine Botschaft für uns:

Der erste Schritt hat mit Geduld zu tun. Die Leute sollen sich hinsetzen, sie sollen abwarten. Natürlich lädt der schroffe Boden nicht zum verweilen ein und sicherlich wird erst jetzt einigen bewusst, dass sie ganz vergessen hatten für genug Essen zu sorgen. Aber die Leute können und sollen es sich auf dem Boden bequem machen. Und dann sollen sie abwarten und darauf vertrauen, dass Jesus ihnen auch wirklich etwas gibt. Das liebe Brüder und Schwestern, sollen auch wir immer wieder lernen: Abwarten, beten und darauf vertrauen, dass Jesus uns hilft. Manchmal dauert das, und es können sich Zweifel einstellen: Kann er uns vielleicht nicht helfen? Will er uns vielleicht nicht helfen? Da heißt es dann einfach: Abwarten und auf seine Hilfe hoffen. Solches Abwarten ist ein wesentlicher Teil unseres Glaubens.

Im zweiten Schritt geht es um Dankbarkeit. Als sich die Leute niedergelassen haben, nimmt Jesus die wenigen Brote und Fische und spricht über ihnen ein Dankgebet. Gott möchte, dass wir unser tägliches Brot mit Dank empfangen, egal ob es üppig oder kärglich ausfällt. Jesus hat uns das vorgemacht, und für die Gläubigen war es stets selbstverständlich: Wann immer wir eine Mahlzeit einnehmen, wollen wir Gott danken. Nun leben wir in einer Zeit und in einem Land, wo unser tägliches Brot nicht selten besonders üppig und sogar auch noch recht abwechslungsreich ausfällt. Da läge es doch nahe, dass wir Gott auch besonders üppig danken. Aber leider ist das nicht so, im Gegenteil: Immer mehr Zeitgenossen nehmen ihre Mahlzeiten ohne Dankgebet ein, darunter auch viele, die sich Christen nennen. Lasst uns doch diese Perikope zum Anlass nehmen, diesen Brauch wieder mit neuem Leben zu füllen! Weil wir gut und reichlich essen, lasst uns ihm auch dafür angemessen danken – so, wie Jesus selbst es vorgemacht hat.

Im dritten Schritt geht es ums Teilen und Verteilen. Jesus bricht die Brotfladen in Stücke und lässt seine Jünger sie austeilen. Vielen scheint dies selbstverständlich und dennoch ist es bemerkenswert, dass er nicht selbst herumgeht und den Menschen das Brot bringt. Das ist keineswegs Faulheit, noch ist sich Jesus zu fein dafür, sondern er will uns damit etwas lehren: Wenn Gott hilft und das tägliche Brot beschert, dann möchte er dabei Menschen zu seinen Mithelfern machen. Es kommt zwar alles von ihm her, aber es geht durch menschliche Hände.

Ich denke da an alle, die mit ihrer Hände Arbeit das tägliche Brot verdienen. Und ich denke daran, dass wir alle aufgefordert sind, von unserem Reichtum denen abzugeben, die nicht die Chance haben, sich das tägliche Brot selbst zu erarbeiten. Das Hungerproblem in der Welt ist eigentlich ein Verteilungsproblem, denn Gott lässt genug wachsen, dass sieben Milliarden Menschen davon satt werden können. Jesus hat seine Jünger damals aufgefordert, die Brotstücke zu verteilen. Damit hat er gezeigt: Wir sollen als seine Jünger zum Teilen und Abgeben bereit sein. Am Ende machen die Jünger die beglückende Erfahrung: Wir brauchen keine Angst zu haben, dass nicht genug da ist, denn es ist immer noch reichlich übrig – sieben Körbe voll!

Nach dem Wunder heißt es: „Alle hatten zu essen und wurden satt.“ So schenkt Jesus es uns auch heute: Wir alle haben zu essen und werden satt. Das gilt nicht nur für die leibliche Nahrung , sondern genauso auch für unsere geistliche Nahrung. Jesus selbst ist das Brot des Lebens. Wir empfangen es durch sein Wort, wie es immer wieder neu verkündigt wird. Lasst uns auch dieses Brot immer wieder begierig erwarten, mit Danksagung annehmen und mit anderen teilen. Denn dieses Lebensbrot schenkt uns nicht nur zeitliches Leben und nicht nur Gesundheit für den Leib, sondern ewiges Leben in Gottes wundervollem Reich. Amen».

Nach der Liturgie richtete Erzbischof Tichon sein erzhirtliches Wort an die Versammelten.

Er überreichte sodann Pfarrer Froese eine patriarchale Auszeichnung für seine Frau Victoria Froese, die viele Kinder geboren hat und mit dem Patriarchalmutterschaftsabzeichen (II. Grades) ausgezeichnet wurde.

Am selben Tag zelebrierte Erzbischof Tichon ein Totengedenken am Grab von Erzpriester Johannes Nothaas, dem langjährigen Vorsteher der Gemeinde, auf dem Mainzer städtischen Friedhof.