19 Juni 2016 - Botschaft von Patriarch Kirill an die Vorsteher und Vertreter der Autokephalen Orthodoxen Kirchen, die sich auf Kreta versammeln
17. Juni 2016
Seiner Heiligkeit, dem Heiligsten Bartholomaios, Erzbischof von Konstantinopel, dem neuen Rom, und Ökumenischer Patriarch
Den Heiligsten und Seligsten Vorstehern der heiligen Kirchen Gottes
Den Erzhirten, Hirten, Mönchen und Nonnen und Laien, die sich auf der Insel Kreta versammeln
Eure Heiligkeit, Heiligster Patriarch Bartholomaios,
Eure Heiligkeiten und Seligkeiten,
Hochgeweihte Mitbrüder Erzhirten, verehrte Vertreter der lokalen Orthodoxen Kirchen!
Herzlich grüße ich Euch im Namen der Russischen Orthodoxen Kirche und der orthodoxen Gläubigen Russlands, der Ukraine, der Belarus, Moldawiens und anderer Länder, die die weite Herde des Moskauer Patriarchats bilden.
Wir alle, Brüder, bilden den einen Leib Christi (1 Kor 12,27). Die preislose Gabe der Einheit haben wir empfangen von unserem Herrn und Erlöser Jesus Christus selbst. Die Bewahrung dieser Gabe ist eine unserer Hauptaufgaben, sie ist ein direktes Gebot des Erlösers (Jo 17,21).
Möge uns dabei die Tatsache nicht verwirren, dass die Meinungen der Schwesterkirchen über die Einberufung des Heiligen und Großen Konzils differierten. Nach den Worten des hl. Apostels Paulus: „Es muss ja wohl Meinungsverschiedenheiten unter euch geben, damit offenbar werden unter euch die Erprobten. “ (1 Kor 11,19). In den Tagen der Vorbereitung auf das Konzil haben sich solche Meinungsverschiedenheiten in vollem Maße gezeigt, aber wir dürfen ihnen nicht erlauben, die gottgebotene Einheit zu schwächen, sich in einen zwischenkirchlichen Konflikt auszuwachsen, Trennung und Wirren in unsere Reihen zu tragen. Wir bleiben die eine orthodoxe Familie und tragen alle zusammen die Verantwortung für das Schicksal der heiligen Orthodoxie.
Ich bin tief überzeugt davon, dass die Kirchen – jene, die entschieden haben, nach Kreta zu fahren, wie auch jene, die davon Abstand genommen haben – ihre Entscheidungen ihrem Gewissen folgend getroffen haben und dass wir uns von daher gegenüber der Position einer jeden von ihnen mit Achtung verhalten sollen.
Die Russische Orthodoxe Kirche ist immer von der Überzeugung ausgegangen, dass die Stimme jeder lokalen Kirche, sei sie klein oder groß, sei sie alt oder neu, nicht ignoriert werden darf. Das Fehlen der Zustimmung der Antiochenischen Kirche zur Einberufung des Konzils bedeutet, dass wir einen gesamtorthodoxen Konsens nicht erreicht haben. Wir dürfen auch die Stimmen der Georgischen, der Serbischen und der Bulgarischen Kirche, die sich im Sinne einer Verschiebung des Konzils auf einen späteren Zeitpunkt ausgesprochen haben, nicht ignorieren.
Ich glaube, dass bei Vorhandensein guten Willens das Treffen auf Kreta ein wichtiger Schritt zur Überwindung der aufgetretenen Meinungsverschiedenheiten sein kann. Es kann seinen Beitrag zur Vorbereitung auf jenes Heilige und Große Konzil leisten, das dann ohne Ausnahme alle autokephalen lokalen Kirchen vereint und ein sichtbarer Ausdruck der Einheit der Heiligen Orthodoxen Kirche Christi wird, wofür unsere selig entschlafenen Vorgänger gebetet haben und das sie erwarteten.
Ich versichere Euch, dass unsere Gebete mit Euch sind in den Tagen der Euch bevorstehenden Mühen.
Mit viel Liebe in Christo
+ Kirill, Patriarch von Moskau und der ganzen Russ