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09 April 2020 - „Der Herr sorgt sich um jeden von uns und wird uns in dieser Zeit der Not nicht im Stich lassen…“

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Predigt von Erzbischof Tichon von Podolsk, Leiter der Diözese von Berlin und Deutschland, zum Fest der Verkündigung der allreinen Gottesgebärerin

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Zum großen Fest der Verkündigung an die allerheiligste Jungfrau Maria gratuliere ich Ihnen allen, liebe Väter, Brüder und Schwestern in Christus. In diesem Jahr feiern wir das Fest der Verkündigung, wie wir es noch nie zuvor gefeiert haben. Unsere Herzen sind vor Traurigkeit aufgewühlt wegen der tödlichen Epidemie, die zur vorübergehenden Schließung der Kirchen Gottes geführt hat. Was geschieht, muss man als eine notwendige Maßnahme ansehen. Lasst dies keine Entschuldigung dafür sein, dass Trauer in unseren Herzen herrscht und uns der Gnade beraubt. Gott schenkt all denen Gnade in Fülle, die ihn lieben und asketisch sind „in den Wüsten, Bergen, Klüften und Abgründen der Erde“ (Hebräer 11,33-38), wie auch uns zusammen, die wir in unseren Häusern eifrig beten.

Im irdischen Leben muss man oft trauern. Das wissen wir aus Erfahrung. Aber wie schwer es auch sein mag, man sollte nicht verzweifeln und sich der Trauer hingeben. Sind die Heiligen nicht in Trauer gewesen? Ja, das waren sie – und wie! „Viele Trübsale für die Gerechten“ (Psalm 33, 20), sagt der Prophet David. Denn bevor sie einen gesegneten Zustand erreichten, durchliefen die Heiligen die „Schule der Sorgen“, reinigten ihre Seelen in ihr, machten sie fähig für das Universum Gottes. Sie lebten gemäß dem Glauben, dass alles in Gottes Hand liegt. Sie waren immer und überall bei Gott, und Gott war mit ihnen. Das sollten wir auch tun. In der heutigen angespannten Lage sollten wir in uns selbst die Kraft finden, Gott so oft wie möglich im Gebet anzusprechen, Ihn um Hilfe, Geduld und Stärkung im Glauben zu bitten. Der Herr sorgt sich um jeden von uns, und er wird uns in dieser Zeit der Not nicht im Stich lassen. „Ich bin mit ihm in der Trübsal“ (Psalm 90,15), sagt Gott zu denen, die auf ihn vertrauen. Halten wir uns an die Lektüre der Psalmen und Evangelien, aus deren Seiten Gott selbst uns anspricht und zu uns spricht.

Was sagen uns das Wort Gottes (Lukas 1, 24-38) und die kirchliche Tradition über das lichte Fest der Verkündigung der allheiligen Gottesgebärerin, das wir heute feiern? Die allheilige Jungfrau Maria, die beim Jerusalemer Tempel erzogen wurde, konnte ihre Seele durch das Lesen der Heiligen Schrift nähren. Beim vertieften Lesen des Buches Jesaja achtete die allheilige Jungfrau auf die Worte des Propheten: „Siehe, die Jungfrau wird empfangen in ihrem Schoß und einen Sohn gebären“ (Is. 7, 14). Als sie über die Geburt Gottes aus einer Jungfrau nachdachte, brannte sie in dem Wunsch, die Mutter des Geborenen zu sehen, und betete demütig, dass Gott sie würdige, als Magd seiner Mutter zu dienen. Als Antwort auf ihr Gebet hörte sie den Gruß des Erzengels: „Freue dich, Begnadete! Der Herr ist mit dir; gesegnet bist du unter den Frauen!“ (Lukas 1, 28). Mit keinem Wort bekundete die Allheilige Jungfrau ihre Überraschung und begrüßte den Erzengel schweigend. Die Worte des Erzengels verwirrten sie und sie fürchtete sich vor der Erhöhung (Lukas 1, 29). Sie war nicht sicher, ob dies ein Bote Gottes war, oder ob sie verführt worden war wie einst Eva, die den lügnerischen Worten des Versuchers geglaubt hatte.

Der Erzengel aber beeilt sich, ihrer Seele Frieden und Ruhe zurückzugeben: „Fürchte dich nicht, Mariam, denn du hast Gnade von Gott empfangen. Siehe, du wirst im Mutterleib empfangen und einen Sohn gebären und seinen Namen Jesus nennen“. In der Seele der Jungfrau Maria stellte sich die Frage: „Wie kann man ohne Ehemann empfangen und gebären?“ Die Frage erwuchs nicht aus Misstrauen oder Neugierde, sondern aus natürlicher Ratlosigkeit, deshalb fragt sie den Erzengel: „Wie soll dies sein, wo ich doch keinen Ehemann kenne?“ Der Erzengel offenbart ihr das göttliches Geheimnis: „Der Heilige Geist wird auf dich herabkommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten, und der Geborene wird daher Sohn Gottes genannt werden“ (Lukas 1,35). Die allreine Jungfrau drückte ihre völlige Hingabe an den Willen Gottes aus und antwortete mit tiefer Demut und Glauben: „Siehe die Dienerin des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort.“ In ihrer Antwort verschmelzen die Stimmen all jener, die auf die Befreiung von der Sünde und dem ewigen Tod warten, miteinander. Durch ihre völlige Hingabe an Gott schöpfte die allreine Jungfrau die Gnade Gottes; der Heilige Geist erfüllte sie, und „der Engel ging fort von ihr“ (Lukas 1,38): das Werk seiner Botschaft war vollbracht. Das Geheimnis der Menschwerdung Gottes war vollendet. Der Wille der Jungfrau Maria unterwarf sich vollständig und frei dem Willen des Schöpfers und zerstörte damit die durch die Sünde geschaffene Mauer zwischen Himmel und Erde. Deshalb ist eben dieses Fest das „Haupt unseres Heils“. Erfüllt war, was von Ewigkeit her von Gott vorherbestimmt. Die ganze Schöpfung, Himmel und Erde, die „den fleischgewordenen Gott und den Weltenherrscher“ sieht, fleischgeworden für unsere Erlösung, freut sich und jubelt.

Liebe Väter, Brüder und Schwestern in Christus. Wenn der Herr von der allreinen Jungfrau Maria um unserer Rettung willen Fleisch wurde, den Weg des Leidens gegangen und auf das Kreuz gestiegen ist, weiß er, warum er uns Leid schickt. Lasst uns umkehren zu Gott aus den Sünden, die wir begangen haben. Wir werden auf die Gebete der Heiligen und besonders der Gebieterin, der Gottesgebärerin, unserer schnellen Fürbitterin, sicher sein. Lasst uns für eine rasche Befreiung von dem Unglück beten, das uns allen widerfahren ist, und dafür, dass wir in Sicherheit sein mögen, damit wir nicht von der Verzweiflung überwältigt werden, die die Starken schwach macht. Mögen die Worte des Herrn für jeden von uns ein Trost sein: „Rufe mich an am Tag deiner Trauer und flehe mich an und verherrliche mich“ (Psalm 49,15). Lasst uns sagen: „Dein Wille geschehe, o Herr.“ Vertrauen wir uns und einander Seinem barmherzigen Willen an, dankbar für alles, setzen wir unseren Weg zu Gott fort, der Licht, Wahrheit und Leben ist. Amen!