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05 Januar 2019 - Weihnachtsbotschaft des Patriarchen von Moskau und der ganzen Rus’ Kirill

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Weihnachtsbotschaft des Patriarchen von Moskau und der ganzen Rus’ Kirill an die Oberhirten, Hirten, Diakone, Mönche und Nonnen und alle treuen Kinder der Russischen Orthodoxen Kirche

Im HERRN geliebte Oberhirten, hochwürdige Presbyter und Diakone, gottliebende Mönche und Nonnen, liebe Brüder und Schwestern!

Herzlich gratuliere ich euch allen zum großen und welterlösenden Fest der Geburt unseres HERRN Jesu Christi.

Heute lauschen wir, wie die Hirten von Bethlehem vor zweitausend Jahren, mit Freude und Rührung der jauchzende Engelstimme: «Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens» (Lk 2, 14). Indem unser Herz diese wunderschönen Worte hört, erwirbt es Trost und wird von Dankbarkeit dem Schöpfer gegenüber erfüllt. Der HERR und Allerhalter selbst – der Starke Gott und Vater in Ewigkeit (Jes 9, 5) – kommt zu uns in die Welt herab und wird als ein einfacher Mensch geboren. Die Prophezeiung des Psalmisten und Königs David trifft ein, welcher durch den Heiligen Geist verkündigte: Es begegnen einander Huld und Treue; Gerechtigkeit und Friede küssen sich. Treue sprosst aus der Erde hervor; Gerechtigkeit blickt vom Himmel hernieder (Ps 85, 11-12). Und so geschah es: Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt (Jes 9, 5), damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat (Jo 3, 16).

Im Verlaufe der ganzen Geschichte suchte die Menschheit angestrengt nach Gott, indem sie sich nach der verlorenen Gemeinschaft mit ihrem Schöpfer sehnte. Und als Antwort auf dieses Streben, als Antwort auf die zum Himmel gerichteten Herzen und Hände hat der HERR seine Liebe für das Menschengeschlecht gezeigt und hat uns selbst seine heilsbringende Hand entgegen gestreckt. In Jesus Christus sind sich nach langen Jahrtausenden endlich Gott und Mensch begegnet, ist das Himmlische mit dem Irdischen vereint und die geistlichen Erwartungen der Söhne und Töchter Adams erfüllt worden.

Im Ereignis der Geburt Christi wurden uns zugleich das Geheimnis und die Offenbarung offenbart, denn der menschliche Verstand ist unfähig, endgültig zu begreifen, wie der Schöpfer und Erfinder des Weltalls, der seiner Natur nach schrankenlose Gott in unsere von der Sünde gepeinigte Welt herabkommt und sich in der Gestalt eines hilflosen Knaben zeigt, der in der Höhle geboren ward, wo die Hirten und das Vieh sich vor dem Unwetter versteckten. Die von den himmlischen Kräften erwiesene, die von den Weisen aus dem Orient gepredigte und von den einfachen Hirten bezeugte Ehre wird mit lauter Stimme an allen Enden der Erde verkündigt. All dies eröffnet uns die Tiefe der unbegreiflichen Weisheit Gottes, macht uns zu Teilhabern am verhüllten trinitarischen Heilsplan zur Rettung des Menschen.

Heute wissen wir: Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, die Welt durch ihn gerettet wird (Jo 3, 16-17). Und nun, da wir gerecht gemacht aus Glauben sind, haben wir Frieden mit Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn. Durch ihn haben wir auch den Zugang zu der Gnade erhalten, in der wir stehen, und rühmen uns unserer Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes…  denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist (Röm 5, 1-2,5).

Verbeugen wir uns vor der bescheidenen Krippe, wo das stille und sanfte Kind liegt. Verbeugen wir uns mit Ehr- und Gottesfurcht, denn hier beginnt der Kreuzweg des HERRN Jesus auf Erden, hier wird der Anfang unserer Erlösung gemacht. Verbeugebn wir uns und lasst uns, indem wir den geborenen Sohn des urewigen Vaters lobpreisen, jenen unsäglichen und alle Erkenntnis überbietenden Frieden genießen, der unsere Seelen erfüllt.

„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens”! – wieder und wieder wiederholen wir dies mit dem Engelchor. Die in der Geburt des Heilands aufgezeigte Liebe Gottes bringt den Menschen den wahren Frieden. Lebenswirren, gesellschaftliche Erschütterungen, politische Missverhältnisse und sogar bewaffnete Konflikte können diesen Frieden nicht erschüttern, denn im Frieden Christi lebt solche geistige Kraft, dass er allen irdischen Kummer und jedes Missgeschick durch diese schlägt (hl. Ignatij Brjantschaninow, Asketische Erfahrungen).

Wie kann man aber die friedliche Ausrichtung der Seele erwerben? Wie kann man Inhaber dieser großen geistlichen Gabe werden? Die heiligen Väter stimmen darin überein: Die Wirkung des Friedens Christi im Menschen ist ein wichtiges Zeichen für sein Verharren in den Geboten des Evangeliums. Darunter über alles aber – ermahnt uns der Apostelfürst Paulus – zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit. Und der Friede Christi, zu dem ihr auch berufen seid (Kol 3, 14-15).

Der HERR sucht für sich die Menschen seines Wohlgefallens – diejenigen, die den Nächsten und Fernen die Erlösung bezeugen und verkündigen die Wohltaten dessen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht (1 Pet 2, 9).

Lasst uns dieser hohen Berufung würdig sein. Und daher, da wir die allheilige Geburt Christi sahen, die in der Hohle geschehen ist, lasst uns uns vor allem von Weltgehetze fernhalten (8. Kontakion des Akathistos zur Geburt Christi), lasst uns gedanklich in den Himmel auffahren, indem wir den Schöpfer aller Dinge verherrlichen, lasst uns unsere Freude über den fleischgewordenen Heiland mit den uns Umgebenden teilen, mit denjenigen, die der Sorge bedürfen, die verzagen oder in bedrängten Umständen sind.

Möge der HERR uns auf dem mühevollen Weg des christlichen Lebens ermuntern, aufr dass der Glaube in uns weiter erstarke, die Hoffnung nicht versiege und die Liebe anwachse; damit wir unablässig das große Geheimnis des Glaubens (1 Tim 3, 16) verkündigen, indem wir in die Feier des lichten Weihnachtsfestes eintreten, damit wir den Menschen Trost und den gesegneten Frieden Christi bringen. Amen.

+ KIRILL

PATRIARCH VON MOSKAU UND DER GANZEN RUS’

Weihnachten

2018/2019

Moskau